Baum Wollweberei.
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Auch die Fabrikation von Hemdenstoffen fand seit einigen Jahren
<3ie gebührende Aufmerksamkeit.
In feinen Geweben hat sich namentlich Wald vorwärts gemacht:
Oberholzer & Spörri sandten nach Wien mechanisch gewobene Stücke
in 40 Zoll Breite von No. 200 Zettel und No. 210 Einschlag. Diese Waare
fand bei der Jury grosse Anerkennung und war das feinste mechanisch
gewobene Baumwollgewebe in der Ausstellung.
Es gibt indessen Webereien in Schottland, welche in diesen fei
nen Geweben bis jetzt noch Besseres leisten als die Schweiz. Bei
gleichen Preisen ist die schottische Waare noch exacter gewoben und
das Garn von besserem Material; auch das Eisass kann sich in feiner
Waare mit der Schweiz messen.
Wir glauben nicht, dass unsere mechanische Weberei vor der
Hand Chancen zur Ausdehnung habe; wir werden im Gegentheil froh
sein müssen für die bestehende Industrie regelmässige Beschäftigung zu
finden; dagegen dürfte es manchem Fabrikanten gelingen, durch Einfüh
rung complizirter Artikel sein Benefiee zu verbessern. Unsere mechanische
Weberei hat nie die ernste Aufmerksamkeit gehabt wie die Spinnerei. Während
man es in der Spinnerei gewiss mit vollem Hechte für nöthig erachtete,
den Fortschritten Fnglands auf dem Fusse zu folgen und die Mehrzahl
der Chefs unserer Spinnereien ihr Fach sowohl hier als in England
gründlichst studirten, kennen wir nur sehr wenige Besitzer mechani
scher Webereien, welche sich die für ihr Fach nöthigen theoretischen
und practischen Kenntnisse erworben haben; man begnügte sich das
neueste System englischer oder inländischer Stühle anzuschaffen und
einen Werkführer zu finden, der im Stande war, die gangbaren glatten
Tücher für Druckerei und Färberei zu fabriziren.
Dies ist auch der Grund, warum wir erst in den letzten Jahren
dazu gelangten, die feineren dichten und undichten Fabricate zu erstel
len, welche England schon seit vielen Jahren gemacht hatte, und warum
wir bis zur Stunde die complizirteren, faqonnirten Stoffe vom Ausland
beziehen. Erst wenn wir endlich zur Einsicht gelangt sein werden, dass
die empyrisch erworbenen Kenntnisse nicht mehr ausreichen, dass es
Noth thut, unsere mechanische Weberei durch gründliches Fachstudium
aus ihrer Beschränkung auf das Gewöhnliche herauszureissen und uns
an die Spitze der Leistungen zu stellen, dann haben wir sicheren Boden
unter den Füssen und können getroster allen Eventualitäten ins Auge
blicken als es jetzt der Fall ist. Unsere Weberei steht auf ganz anderem
Boden als die Spinnerei. Während rohe Garne nur mit unbedeutenden
Zöllen belastet in die Nachbarstaaten exportirt werden können, kommt
auf die Gewebe überall zu den Spesen für Packung, Fracht und Provi
sionen noch ein Zoll von 10—15 °/u, was den Absatz unserer ordinären
Fabrikate bald ausschliesslich auf das eigene Land beschränken muss;
wenn wir auch jetzt noch feinere Gewebe nach Frankreich, Deutschland,