Baumwollweberei.
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mehr als heute das Wohl dieser ganzen Landesgegend sich auf den
einen Artikel »mechanische Stickerei« stützt.
Wir sind damit ausschliesslich von der Laune des amerikanischen
Marktes abhängig; sobald die Mode nur im Geringsten umschlägt und
der ausserordentliche Bedarf sich wieder auf die frühere Limite reduzi-
ren sollte, sitzen wir total auf dem Sand ; letzten Sommer genügte eine
dreimonatliche Flauheit, um die Arbeitspreise 30 °/o zu reduziren, die
Maschinen auf die Hälfte zu entwerthen und unter den Besitzern von
Waarenvorräthen eine Deroute zu veranlassen, welche einem Sauve-qui-
peut sehr ähnlich sah.
Die Zeit wird ganz sicher einmal kommen, wo man erkennen
muss, dass die Weberei schliesslich doch einen sicherem Boden hat als
die Stickerei, und dass es sehr unklug war, einen so wichtigen Zweig bei uns
zu Grunde gehen zu lassen, während er sonst überall, in Frankreich, England,
Deutschland, Oesterreich, im Fortschritt und in der Ausdehnung begriffen ist.
Es gibt Leute, welche diesen Verfall dem Einfluss des mechani
schen Webstuhles zuschreiben, der berufen ist, schliesslich der gesamm-
ten Handweberei den Todesstoss zu geben.
Wir könnten dieser Ansicht beistimmen, wenn in anderen Län
dern die mechanische Jacquardweberei den Handstuhl schon verdrängt
hätte, und wir noch allein im Rückstand wären; diess ist aber nicht der
Fall; wir haben gesehen, dass es selbst in Schottland noch Tausende
von Handwebern gibt, und dass sich die ganze französische, sächsische,
österreichische Weberei für complizirtere Stoffe noch fast ausschliesslich
auf den Handstuhl stützt, ja dass derselbe sich in unserer nächsten
Nähe bei der viel einfacheren Buntweberei trotz gegentheiligen Prophezei
hungen noch als vollkommen lebenskräftig erwiesen hat, nachdem man
ihm mit der Mechanik für die Vorarbeiten Spuhlen, Zetteln und Schlich
ten zu Hülfe gekommen war.
Wir erkennen den Ruin dieser Industrie anssehliesslicli darin,
dass die Fabrikation in Händen lag, welche in keiner Beziehung befä
higt waren, sich zeitig genug von der Vormundschaft der Kaufleute zu
emanzipiren und das Beispiel der Buntweberei nachzuahmen. Der Keim
des Ruins lag in der grossen Zersplitterung.
Wie sollte ein in irgend einem Bergdorfe verborgener Fabrikant,
der einen Jahresumsatz von höchstens fünfzigtausend Franken macht, im
Stande sein, mit den Bedürfnissen der Zeit fortzuschreiten, die richtigen
neuen Ideen zu schaffen und aus seinem Benefice die bedeutenden Kosten
für Zeichnungen, Veränderung von Stühlen etc. zu tragen.
Wir kennen nur ein Mittel, um den in raschem Laufe abwärts
rollenden Stein aufzuhalten. Es ist die Concentration der Industrie
in weniger Hände und direkter Verkehr mit der Consumation. Nur ein
Geschäft, das einen Umsatz von wenigstens 4—500/milie macht, und wel
ches die Bedürfnisse der Clientelle durch direkten Verkehr möglichst