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Volltext: Schweiz : Bericht über Gruppe V Textil-Industrie, Section IV und Sectionen I, II, III, V, VI nebst Gruppe XXI Hausindustrie

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J. Steiger-Meyer in Herisau. 
ganze Druckwaaren-Ausstellung von Japan beschränkte sich auf indigo 
blaue Artikel; die Nachahmung der Batticks der Javanesen bildet in der 
Schweiz und in Holland heute noch eines der dem Handdruck übrigge 
bliebenen Felder. Afrika war seit alten Zeiten ein grosser Consument 
der blauen Druckwaaren, welche ihm durch englische und französische 
Schiffe als Tausch für Elfenbein, Palmöl und Goldstaub überbracht 
wurden. Bis vor wenigen Jahrzehnten war Baumwollkattun mit blauem 
Grund und weissem Druck um seiner Solidität willen auch in vielen 
Theilen von Europa der bevorzugte Stoff der Landbevölkerung; es ist 
nicht lange her, seit wir sogar in Zürich noch Landmädchen begegne 
ten, welche in schlichtem, natürlichem Haarschmuck und in einen neuen 
Gattunrock gekleidet ihr «Seidenwupp» zur Stadt brachten, und viel 
properer aussahen als ihre jüngeren Schwestern oder Töchter, welche 
dem Fortschritt der Zeit huldigen und die modigen Stadtdamen mit 
ihren Thürmen aus Pferdehaar und einer Menge von schlampigen Klei 
dungsstücken, welche nichts weniger als den Namen der Eleganz verdie 
nen, nachahmen wollen. 
Die schweizerische Rothfärberei hatte schon seit 40—50 Jahren 
durch alle Lande einen vortheilhaften Ruf und befindet sich auch heute 
noch in vorzüglichen Händen. Diese Industrie ist von den Fortschritten 
der Mechanik noch wenig berührt worden; sie stützt sich auf chemische 
Geheimnisse und auf gut eingeübte, gewissenhafte Arbeiter. Wie das 
Indigoblau, so kommt auch das Türkischroth aus dem Osten. Es ist 
von unverwüstlicher Solidität; weder Sonne noch irgend eine Wäsche 
vermögen es zu bleichen; seine feurige Farbe ist ein belebender \ er- 
mittler für alle andern Hauptfarben; darum hat es als einfarbiges Baum 
wolltuch und als Garn für die Buntweberei in allen Ländern der Erde 
einen grossen Gonsum. 
Die Ausstellung in Wien zeigte, dass man sich überall, wo die 
Baumwollindustrie zu Hause ist, grosse Mühe gibt um den Bedarf des 
eigenen Landes in türkischrothem Garn und Tüchern selbst zu decken. 
Die erst kürzlich durch die Chemiker Liebermann und Graebe in Berlin 
gemachte Erfindung des künstlichen Alizarin, welches den Crapp erse 
tzen soll, hat in der ganzen Rothfärberei eine grosse Bewegung her 
vorgerufen. Die Ansichten über den Werth der Erfindung sind noch 
getheilt, allein das Alizarin gewinnt mehr und mehr die Oberhand. Für 
die Garnfärberei hat dasselbe schon eine sehr allgemeine Verwendung 
gefunden, dagegen hat der Grapp für die Stückfärberei noch den Vorzug. 
England, Oesterreich, Deutschland, Russland und Italien wett 
eiferten an der Ausstellung mit der Schweiz um den Vorrang in der 
Türkischrothfärberei. Die Jury selbst war nicht ganz einig, wem die 
Krone gehöre. Wir selbst konnten zwischen den Fabrikaten der ver 
schiedenen Länder nur einen minimen Unterschied finden. Das Ausland 
ist jedenfalls der Schweiz sehr nahe gerückt.
	        
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