Leinenwaaren.
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konnte aber mit ihren Handgespinnsten der fremden Goncurrenz nicht
länger widerstehen, und kam sehr in die Enge; dann raffte sie sich wie
der auf, bezog mechanisch gesponnene Garne von Belgien, England und
Schlesien, und ist seit einigen Jahren wieder in Zunahme.
Die Einfuhr von Flachs und Hanf ist stark im Wachsen begrif
fen, was auf eine Entwicklung der einheimischen mechanischen Leinen
garnspinnerei und eine Vermehrung der Weberei hinweist; da der Ex
port nach Italien in bedeutender Abnahme begriffen ist, indem die Schweb
mit schwerer Waare durch die italienische Industrie verdrängt wurde,
so ist klar, dass der vermehrte Absatz nur im eigenen Lande gefunden-
werden musste.
Man hat sich Mühe gegeben, Bleicherei und Appretur zu verbes-
sern, allein auch da wäre ein viel energischeres Eingreifen, ein Zusam
menhalten der sämmtlichen Fabricanten, um die Ausrüstung zn jedem
Preise auf die Höhe der Zeit zu bringen,, sehr nothwendig.
Die mechanische Weberei hat in der schweizerischen Leinen-In
dustrie bis jetzt wenig Boden gefasst und wird noch fast alles mit dem
Handstuhl gewoben; auch in England und den andern Ländern werden
die feineren Damastsorten und die Mouchoirs noch viel mit der Hand
erstellt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die einheimische Industrie
den fremden Import auch in diesem Zweige noch bedeutender zurück
drängen könnte, wenn die Fabrikanten alle ihnen zu Gebote stehenden
Mittel benutzen würden, um ihre Erzeugnisse auf die Höhe der Goncur
renz zu bringen; wenn sie auch die Waare etwas theurer zu stehen
kommen sollte, so bleiben sie doch, aus den unter Rubrik Wollenwaaren
angeführten Gründen, gleichwohl vollkommen concurrenzfähig; dabei
kommt ihnen trefflich zu Statten, dass das Schweizer Publikum noch
immer Berner Leinen der fremden Waare vorzieht.
Die Consumation der Leinenwaaren im Allgemeinen ist in Zu
nahme begi iffen; sowohl die Baumwolle als der Jute haben allerdings
verschiedene Massenartikel an sich gerissen, oder den Absatz bedeutend
geschmälert, dagegen bringt der fortschreitende Wohlstand eine jährliche
Vermehrung der Nachfrage für feinere Artikel.
Wir haben eben den Jute erwähnt, und fühlen uns veranlasst die
sen neuen Faserstoff, der seit 10 Jahren eine ganz ausserordentliche
Verwendung gefunden hat, in Kürze zu berühren. Derselbe ist in der
schweizerischen Industrie noch fast unbekannt, und es ist sehr an der
Zeit, dass die industrielle Aufmerksamkeit darauf gelenkt werde.
Vor ca. 30 Jahren wurde der erste Ballen von Indien nach Eng
land exportirt; 10 Jahre später stieg der Export schon auf 150,000 Bal
len und letztes Jahr erreichte derselbe die colossale Höhe von 2 Millio
nen Ballen ä 300 tt; davon gingen ca. 300,000 Ballen nach America.
England und Frankreich schenken dem Artikel grosse Aufmerk- '
samkeit; der Hauptsitz der Fabrication ist Dundee. Die Tonne ä