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J. Steiger-Meyer in Herisau.
montirt. Sämmtliche sächsische Maschinen haben fast ausschliesslich
168 Zoll also 5 Yards Länge.
Diese 1626 sächsischen Maschinen repräsentiren ca. 584,000 Nadeln,
dagegen hat die gleiche Zahl von 1626 Schweizer Maschinen blos 338,000
Nadeln.
Es ist evident, dass der schweizerischen Industrie von Seite Sach
sens eine vernichtende Goncurrenz drohte, wenn sich dessen Maschine
bewährte. Es blieb in diesem Falle der Schweiz nichts anderes übrig
als ihre Maschinen ins alte Eisen zu werfen, und dieselben durch das
sächsische System zu ersetzen; es hätte diess aber seine grossen Schwie
rigkeiten gehabt, indem wie früher bemerkt, die Industrie sehr zerstreut
und zum grössten Theil in Händen war, welche das zur Anschaffung
neuer Maschinen nöthige Capital nicht hätten aufbringen können.
Wirklich wurde die Goncurrenz der-Sachsen während einiger Zeit
sehr fühlbar; sie bemächtigten sich nicht blos des Consumes von Deutsch
land, sondern machten den Schweizern auch den Absatz in England und
America streitig.
Allmählig zeigten sich indessen bei der sächsischen Maschine fol
gende Nachtheile:
Die Fabrikate der Stickmaschine sind keine selbständigen Artikel,
sondern dienen blos als Besatz für Lingerie und Toilette Confection.
Der Stoff, welchen die Maschine bestickt, muss demjenigen entsprechen,
für welchen die Stickerei als Besatz dienen soll. Für Lingerie wird fast
ausschliesslich feiner Shirting, für die Toilette-Artikel meistens feine
Mousseline verwendet.
Es ist nun selbstverständlich, dass es eine viel grössere Kraft
braucht, um Hunderte von Nadeln gleichzeitig durch einen dichten Stoff
zu stossen als durch einen dünnen, und dass diese benöthigte Kraft mit
der grösseren Zahl Nadeln in genauer Proportion zunehmen muss, d. h.
400 Nadeln bedürfen auf dem gleichen Stoff doppelt so viel Kraft als 200.
Ebenso leistet ein grober Faden und eine grobe Nadel viel mehr
Widerstand als ein feiner Faden und eine feine Nadel.
Um die Durchstechung des Stoffes möglichst zu erleichtern,
wird die Schlichte ausgewaschen und der Faden mit Wachs bestrichen,
um ihn geschmeidiger zu machen.
Dem menschlichen Körper darf für eine regelmässige Tagesarbeit
nur eine gewisse Anstrengung zugemuthet werden. Die Erfahrung zeigte,
dass ein Sticker mit 208 Nadeln höchstens Garn No. 70, 6-fach auf Cam-
bric von No. 70/70 Garn und 66 Faden per l li Zoll verarbeiten kann;
was darüber ist, geht auf Rechnung seiner Gesundheit oder bedingt
eine langsamere Bewegung.
Für die grossen sächsischen Maschinen muss daher feineres Garn
No. 100, 5-fach und ein leichterer Cambric von No. 80/80 mit blos 50
bis 54 Faden auf '/ 4 Zoll, verwendet werden.