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Die sächsische Maschine kommt also nur bei Stickereien, welche
speciell in feinen Stickgarnen und auf leichteren Stoffen ausgeführt wer
den können in einen Vortheil. Bei Zeichnungen, wo die Schweizer Ma
schine Garn No. 70, 6-fach verwendet und bei dichten Stoffen, kann sie
nicht folgen; sie verliert ihren Vortheil, weil sie feineres Garn verwen
den und eine verhältnissmässig grössere Anzahl Stiche machen muss;
gleichzeitig ist die Führung langsamer und der Sticker bedarf mehr Hülfe
zum Einfädeln.
Bis zu Anfang der Sechziger Jahre fanden die Fabrikate der Stick
maschine mehr für Toilette-Gonfection, also auch auf Mousseline und
Jacconat Verwendung.
Mit der Entwickelung der Lingerie als Fabrik-Industrie wurden
die Stickereien mehr auf ganz (lichten Stoffen verlangt; es werden heute
wohl 10 Mal mehr Gambrics von No. 60/80 oder 70/70 Garn und 60 bis
70 Faden im '/i Zoll verarbeitet, als leichtere Stoffe.
Diess war der Hauptfactor, der die schweizerische Maschine ret
tete. Dabei tritt ferner zu ihren Gunsten der Umstand in die Waag-
schaale, dass die Stickerei auf einer dichten Qualität Cambric viel relief-
artiger und schöner hervortritt als auf der geringeren Qualität, wie die
Sachsen sie verwenden müssen.
Ein weiterer sehr wesentlicher Punkt, welcher zu Gunsten der
Schweizerwaare ins Gewicht fiel, war die Bleicherei und Appretur.
Das Fett, womit der Stickfäden bestrichen wird, lässt sich durch
die gewöhnliche Bleiche mit kaustischer Soda oder Kalk nicht ganz weg
bringen; der Faden behält immer eine gelblichte Nuance. Die sächsische
Maschine bedingt eine viel stärkere Befettung des Fadens, als die schwei
zerische, mithin ist auch die Bleiche schwieriger. In den sächsischen
Bleichereien wird die Stickerei eingeseift und mit Bürsten gerieben; es
ist diess aber nicht genügend und muss der Chlor um so stärker nach
helfen. Die ganze Manipulation schwächt aber den Stoff so sehr, dass
er nicht mehr viel aushält und bei den Consumenten in.Misscredit kam.
In der Schweiz wurde für den Artikel eine neue Bleichmethode
eingeführt, welche den Faden mechanisch reinigt, ein viel schöneres und
solideres Fabrikat liefert als das sächsische und desshalb vom Consu
menten bevorzugt wird. In neuerer Zeit haben auch die Sachsen die in
der Schweiz benutzte Bleichmethode eingeführt; es dürfte aber doch eine
geraume Zeit dauern bis sie für ihre Waare das Vertrauen wieder er
worben haben.
Ausser in Sachsen hat sich die Maschinenstickerei noch nirgends
zu einer grösseren Bedeutung erheben können.
Es giebt ca. 400 Maschinen in Böhmen, ca. B00 in Frankreich
und ca. 100 in England. Die meisten wurden aus der Schweiz impor-
tirt; auch in Frankreich arbeiten sehr viele Schweizer als Sticker und
Werkführer.