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■J. Steiger-Meyer in Herisau.
Die Schweiz war in Wien durch 21 Fabricanten repräsentirt und
anerkannte die Jury deren grosse Ueberlegenheit im Vergleich zu Allem,
was die anderen Staaten in diesem Zweige ausgestellt hatten.
Die Firma B. Rittnieyer & Co. hat sich bis zur Stunde an der
Spitze dieser Industrie erhallen; alle wesentlichen Verbesserungen und
Fortschritte sind von ihr ausgegaugen; sie hat auch bis jetzt allein das
Problem gelöst, die Maschine durch Dampf- oder Wasserkraft zu bewe
gen. Die Jury bestimmte derselben die höchste Auszeichnung, das Eli-
rendiplom, als Anerkennung der hohen Verdienste, welche sich die Fir
ma durch ihre langjährige consequente Arbeit für die Hebung dieses
neuen Industriezweiges erworben hat.
Gebrüder Fisch in Buhler zeigten die Leistungsfähigkeit der Stick
maschine durch eine ausgezeichnet gearbeitete Seidenrobe mit Seiden
stickerei in 36 Farben; J. C. Altheer in Speicher lieferte mit Seide ge
stickte Spitzen, welche viele Anerkennung fanden; beide erhielten die
Fortschrittsmedaille. In der gewöhnlichen Arbeit zeichneten sich Bion
& Tschumper in St. Gallen durch ein reichhaltiges Sortiment, ge
schmackvolle Dessins und schöne Arbeit aus. Auch die Leistungen der
übrigen Aussteller waren sehr anerkennenswerth; siehe Prämirungsliste.
Sachsen war blos durch zwei der besten Firmen aus Plauen ver
treten. Dieselben hatten etliche Schaustücke, welche einen guten Effect
machten; die Arbeit konnte sich aber mit der Schweizerwaare nicht
messen.
Das sächsische Maschinenstickereigeschäft unterscheidet sich von
dem schweizerischen speciell dadurch, dass die grossen Fabrikanten nicht
blos ihre Fabrikate an die Lingeriefabriken verkaufen, sondern, dass sie
selbst sehr bedeutend confectioniren. Es gibt in Plauen Firmen, die
bis auf 100 Nähmaschinen beschäftigen. Sie bereisen mit ihren Confec-
tionsartikeln nicht blos ganz Deutschland, sondern ganz Europa; man
sieht deren Fabrikate nicht blos in allen Städten der Westschweiz, son
dern man findet sie sogar in den Schaufenstern von St. Gallen.
St. Gallen kennt diese Lingerie-Confection gar nicht; die Hände
würden ihm heute dazu fehlen; doch ist diess eine Sache, die grosser
Beachtung werth ist.
Die Ausstellungen von Oesterreich und Frankreich boten nichts
Besonderes; es ist blos zu erwähnen, dass Frankreich eine grosse Anzahl
Maschinen in der Schweiz beschäftigt, und dass Letztere ihren Fortschritt
im Geschmack speciell Paris und dem Verkehr mit Frankreich verdankt.
Es sind keine Anzeichen vorhanden, welche durch auswärtige
Concurrenz eine Gefährde für den Artikel befürchten lassen. Das ein
zige Land, welches uns gefährlich werden könnte, ist Frankreich, wo
besonders in St. Quentin der Maschinenstickerei grosse Aufmerksamkeit
geschenkt wird; die Arbeitslöhne sind aber dort etwa 15 °/o höher als
in der Schweiz, was eine ernstliche Concurrenz verhindern wird.