MAK

Volltext: Schweiz : Bericht über Gruppe V Textil-Industrie, Section IV und Sectionen I, II, III, V, VI nebst Gruppe XXI Hausindustrie

78 
J. Steiger-Meyer in Herisau. 
Eine Summe, wie die oben erwähnte, müsste-mancher Familie, 
mancher Gemeinde und besonders auch der auf den einheimischen Gon- 
sum angewiesenen Industrie zum Wollte gereichen : Leute, die kein Ver 
mögen und keinen Verdienst haben, sind auch nicht consumfähig. Es 
wäre diess jedenfalls ein grösserer Segen als die berühmte Fremden 
industrie, welche das Volk demoralisirt, zur Genusssucht verleitet, jeder 
ehrlichen, consequenten Arbeitslust entfremdet, und bei der sich das 
Sprüchwort bewahrheitet: « Wie gewonnen, so zerronnen.» 
Die Garclinenstickerei der Schweiz hat wesentlich zugenommen; 
die vielen Bauten und die Verschönerung der grossen Städte brachten 
auch der Schweiz noch ein Scherflein durch stärkeren Bedarf an Gardi 
nen; es war sehr merklich fühlbar, dass mehr reiche Waare verlangt 
wurde als früher; es lässt sich ja kein fein möblirter Salon denken ohne 
reich gestickte Tüllgardinen. 
Die Ausstellung selbst bot nichts Schöneres und nichts Besseres 
als was schon an den Ausstellungen von Paris und London gesehen 
werden konnte; man hatte die speciell angefertigten Schaustücke wegge 
lassen und sich auf die practischen Fabrikate beschränkt. Es wäre aber 
ein Irrthum, desshalb zu glauben, die Fabrikation habe Rückschritte ge 
macht; die Fabrikate der früheren Ausstellungen standen durchschnitt 
lich Uber den reellen Leistungen, diejenigen in Wien gehören blos zum 
Besten was heute courant fabrizirt wird. Das reichste Dessin wurde für 
America bestellt und ziert den Empfangssaal des Weissen Hauses in 
Washington. 
Von den 6 Ausstellern erhielten 5 die Verdienstmedaille und einer 
war hors concours. 
Die schweizerische Gardinenstickerei hat seit 1867 mehrere inte 
ressante Schwankungen durchgemacht, und befindet sich auch heute noch 
in der Mitte einer Krisis. 
Zur Zeit der letzten Ausstellung wurde der Kettenstich ausserhalb 
der Schweiz blos in Ravensburg, Plauen und Tarare in grösserem Um 
fange industriell benutzt. 
Ravensburg benützte die auf deutschem Boden befindlichen Ar 
beiterinnen, um in Concurrenz mit St. Gallen den deutschen Markt mit 
Gardinenstoffen zu versehen; trotz dem grossen Vortheil, welche der 
starke Zoll ihnen bot, brachte man es aber dort nie zu einem bedeutenden 
Geschäfte. 
Plauen fabrizirte durch die Kettenstickerinnen an der sächsischen 
und böhmischen Grenze Gonfectionsartikel, welche ihm bessere Rech 
nung Hessen als Gardinen. 
Tarare arbeitete ausschliesslich für Frankreich uud war sich ge 
wohnt, seine Fabrikate gut bezahlen zu lassen. 
Die Schweiz konnte ohne Concurrenz den Bedarf von America, 
England, Belgien, Holland etc. in gestickten Gardinenstoffen decken und
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.