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Volltext: Schweiz : Bericht über Gruppe V Textil-Industrie, Section IV und Sectionen I, II, III, V, VI nebst Gruppe XXI Hausindustrie

Stickerei. yg 
machte auch in Deutschland ein viel grösseres Geschäft als Ravensburg; 
nach dem Orient und Indien gingen grosse Quantitäten billige gestickte 
Kleiderstoffe. 
Der Handelsvertrag mit Frankreich eröffnete der Schweiz ein 
neues bedeutendes Absatzfeld für Gardinenstoffe. Sie hatte vermöge 
billigerer Arbeitslöhne, billigerer Rohstoffe und billigerer Benefice-Be- 
rechnung ungefähr 30—40 > niedrigere Preise als Taräre, und konnte 
desshalb einen Zoll von 10 °/o leicht ertragen. Es entwickelte sich rasch 
ein sehr umfangreiches Geschäft, und sowohl den Stickereien von Tarare 
als auch den brochirlen Gardinenstoffen von St. Quentin wurde scharf 
zugesetzt. 
Diese Yerbindung mit Frankreich war der Schweiz nicht blos ma 
teriell, sondern auch technisch von grossem Nutzen. Arbeiter und Fabri 
kant hatten sich seit Jahrzehnten daran gewohnt, blos Effect und Billig 
keit zu studiren. Die unerbittliche Strenge der französischen Hausfrau 
lehrte uns wieder auf eine solide, dauerhafte Qualität des Rohstoffes, 
auf eine regelmässige, genaue Arbeit, auf ein sorgfältiges Ausbessern al 
ler Schäden Acht zu haben. Eine Waare, die in London und Berlin 
als befriedigend angenommen wurde, galt in Paris als Ausschuss. 
Man hatte schon längst das Bedürfniss gefühlt, auch in der Ket 
tenstich-Fabrikation die Handarbeit durch die Maschine zu ersetzen. Die 
langsame Manipulation der Verarbeitung, die starke Schwankung der 
Arbeitslöhne und die Unregelmässigkeit in der Qualität der Arbeit selbst 
entsprachen den Anforderungen der Zeit nicht mehr. Viele setzten sich 
hinter die Lösung des Problems; es wurde von Manchen viel Geld ge 
opfert, allein es wollte nicht glücken, das Rechte zu finden. 
An der Ausstellung in Paris war durch einen Franzosen, Bonaz, 
eine einnadlige Kettenstichmaschine ausgestellt worden, welche von 
einem Pariser Nähmaschinen-Fabrikanten, Cornelly, angekauft wurde. 
Derselbe brachte die Maschine 1868 nach St. Gallen; sie wurde aber 
nur von Wenigen heachtenswerth gefunden; man ging von der Ansicht 
aus, eine blos einnadlige Maschine könne zu wenig leisten um einen 
bleibenden und genügenden Erfolg zu bieten; man wusste, dass mehrere 
renommirte Maschinenfabriken der Lösung des Problems für eine viel- 
nadlige Maschine nahe standen und wollte zuwarten. 
Mittlerweile waren auch die französischen Fabrikanten nicht 
rnüssig geblieben; sie erkundigten sich genau über die Gründe, welche 
uns erlaubten, billiger zu verkaufen; sie bezogen Stoffe aus der Schweiz, 
benützten sowohl obige Maschine von Cornelly, als auch andere Ketten 
stichmaschinen, reduzirten ihren Nutzen, hielten aber gleichwohl an einer 
soliden, dem franz. Gonsum entsprechenden Qualität fest; sie drängten 
uns in allen bessern Artikeln wieder fast ganz zum Lande heraus und 
schmälern uns von Jahr zu Jahr das Geschäft auch in den geringeren 
Artikeln. Wir können nicht umhin, der Gründlichkeit ihres Vorgehens
	        
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