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Volltext: Schweiz : Bericht über Gruppe V Textil-Industrie, Section IV und Sectionen I, II, III, V, VI nebst Gruppe XXI Hausindustrie

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J. Steiger-Meyer in Herisau. 
England hat dafür in verschiedener Beziehung grosse Vortheile; 
es ist erstens unabhängig von einem einzelnen Markt, während die Schweiz 
blos auf den inländischen Consum angewiesen wäre. Das Rohmaterial, 
2-fache Baumwollgarne, ist dort 10—15°/o billiger als bei uns; man ist 
in England gerade für No. 60—80 2-fach, welche bei der Tullfabrikation 
hauptsächlich verwendet werden, trefflich eingerichtet, indem die gleichen 
Garne auch für Fabrikation von Halbwollstoffen, besonders in Brad 
ford, in enormen Quantitäten verkauft werden, während sie in der Schweiz 
mehr Spezialität einiger Spinner sind. 
Die glatten Tülle gingen in England von 1862—1870 sehr schlecht, 
eine ziemliche Zahl kleinerer Fabrikanten musste aufstecken; seit der 
Artikel in wenigen Händen ist, geht er sehr gut, und es wird gegen 
wärtig flott daran verdient. 
Auch Frankreich und Oesterreich können den Artikel nicht so 
billig erstellen wie England und sind bedeutend theurer; trotz den 
hohen Zöllen importirt Nottingham in beide Länder. 
Ein zweiter Artikel, der uns sehr nahe verwandt ist, sind die bro- 
cliirten Tüll-Gardinen. 
Deren Fabrikation hat sich seit ca. 12 Jahren sehr vervollkomm 
net und der Absatz reissend zugenommen; er erstreckt sich über alle 
civilisirten Länder; auch in der Schweiz hat der Artikel gute Aufnahme 
gefunden. 
Die gewobene Tull-Gardine ist eine möglichst genaue Nachahmung 
unserer gestickten Tull-Gardine; der Fabrikant steckt sich das Ziel, den 
Effect und die Zeichnung der letzteren so genau als möglich zu copiren. 
Der Preis stellt sich ungefähr auf die Hälfte der Stickerei; ganz 
reich gestickte Dessins kommen durch Weberei noch billiger. 
Jedes gute Schweizermuster, dessen die Nottinghamer habhaft wer 
den können, wird sofort genau nachgeahmt; der Effect ist so täuschend 
ähnlich, dass man auf einige Entfernung den Unterschied kaum bemerkt. 
Der grösste Nachtheil, den die gewobene Gardine bis jetzt hatte, ist 
die Unsolidität in der Wäsche; eine solid gearbeitete, sorgfältig gebleichte 
gestickte Tull-Gardine wird drei Mal so viel ausbalten als eine gewobene. 
Leider hat man bei uns diesem eminenten Vortheil, der vollkom 
men genügt, der Stickerei ihren Vorzug beim Publikum zu sichern, noch 
nie genügende Aufmerksamkeit geschenkt. Dagegen sind sich die Not 
tinghamer ihrer Schwäche vollkommen bewusst und arbeiten fortwäh 
rend an der Hebung dieses üebelstandes. 
Ein weiterer Nachtheil den die gewobene Tull-Gardine im Ver 
gleich mit der gestickten hat, ist, dass das Muster flach daliegt, während 
bei der Stickerei die Zeichnung über dem Fond erhaben ist. Namentlich 
in England liebt man die Stickerei möglichst reliefartig. 
Man arbeitete in Nottingham schon längst an dem Problem auch 
die Brochirung in gleicher Weise erhaben zu machen.
	        
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