Tullfabrikation.
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M. Jacob}’ & Co. in Nottingham zeigten in der Ausstellung einen
«ehr gut gearbeiteten Store, in dem auch das Relief der Stickerei in
vorzüglicher Weise nachgeahmt war. Trotzdem rechnen wir der neuen
Erfindung nicht viel; die Waare wird dadurch fast ums dreifache ver-
theuert, und stellt sich auf den gleichen Preis wie Handarbeit.
Im Uebrigen war die Nottinghamer Tull-Industrie in Wien sehr
schwach vertreten.
Dagegen waren wir durch die Leistungen von Oesterreich sehr
überrascht. Die Tull-Fabrikation liegt dort in den Händen von 3 Fir
men: A. Damböck, M. Faber & Co., und F. Austin in Wien. Alle
drei sind für glatten Tüll, Spitzen und Gardinen eingerichtet.
Sie bezogen s. Z. Maschinen und Arbeiter von England. F. Austin
hat sein Geschäft erst vor circa 12 Jahren montirt und leistet beson
ders in gewobenen Gardinen Vorzügliches. Auch die andern beiden Fir
men hatten in Gardinen sehr hübsche gelungene Zeichnungen; sie ma
chen aber aus dem Artikel weniger Specialität als Austin und pflegen
mehr die glatten Tülle und Spiizen.
Die Schweiz hätte unbedingt auch für die Fabrikation von bro-
chirten Tnllgardinen sehr gute Chancen, und bedauern wir sehr, dass sich
bis heute Niemand gefunden hat, der für die Einführung dieser grossen
Industrie die Initiative ergreifen wollte. Wir wären allerdings in einer
ganz andern Lage als die Oesterreicher; wir haben den Consum nicht im
eigenen Lande, wir wären nicht durch hohe Zölle geschützt, wir müssten
mit Nottingham überall in Concurrenz treten; allein wenn ein solches
Geschäft mit genügendem Capital unternommen und von der richtigen
Hand geleitet würde, so müsste es prosperiren.
Die Nottinghamer Gardinenfabriken arbeiten Tag und Nacht, und
reduziren dadurch das hohe Anlagecapital um die Hälfte; diess müsste
auch bei uns geschehen, sonst wäre die Concurrenz allerdings schwierig;
auch für Bleicherei und Appretur müsste man sich selbst einrichten;
die heutigen Preisansätze unserer Anstalten sind beinahe das Doppelte
von dem, was man für gleiche Waare in Nottingham bezahlt.
Der Preis einer Tullmaschine ist Fr. 14—15,000 in Nottingham.
Jede Maschine wird von einem Manne und einem Knaben bedient; man
bezahlt dort folgende Arbeitslöhne:
Kinder unter 13 Jahren Fr. 7. — per Woche.
» über » » » 8—10 » »
Verweberinnen » 12—18 » »
Gewöhnliche Arbeiter » 25—30 » »
Gute » » 35—60 » »
Mechaniker » 30—45 » »
Gardinenweber » 50—80 » »
Wo immer thunlich, auch in Bleichereien und Appreturen, wird
auf Stück gearbeitet.