99
lung in grellem Widerspruche steht. Seitdem die Bau
gesellschaften die zeitweilig schon ins Stocken gerathene Bau
tätigkeit auf den Stadterweiterungsgründen wieder aufge
nommen und mit grosser Energie fortgeführt haben, ist die
frühere an Buntheit streifende Mannigfaltigkeit durch eine
nicht erfreulichere Gleichförmigkeit abgelöst worden. Nament
lich in dem westlichen und nordwestlichen Theile der Bing
strasse wiederholen sich mit geringen Abänderungen die
Copien des Heinrichshofes und anderer hervorragender
Privatgebäude. Indessen haben die letzten Jahre Paläste
im wahren Sinne des Wortes und in grosser Anzahl ent
stehen sehen, welche den neuen Stadttheilen ein Gepräge
der Grossartigkeit und des Eeichthums verleihen, wie etwas
Aehnliches kaum eine zweite Stadt aufzuweisen hat. Der
vorherrschende Styl ist der der italienischen Benaissance;
Gothik und Louvrestyl kommen nur in vereinzelnten
Exemplaren vor. Von den hervorragendsten Privatgebäuden
mögen die Paläste der Erzherzoge Wilhelm (von Hansen)
und Ludwig Victor (von Ferstel), der Herren Schey,
Wertheim, Todesco, Epstein, das Grand Hotel, das Hotel
Imperial (früher Palais des Herzogs von Württemberg) ge
nannt werden.
An Kirchen entstanden in dieser jüngsten Epoche die
Votivkirche, die Lazaristen-, Weissgärber- Brigittenauer-,
Fünfhauser Kirche (diese vier von Schmidt), die Elisabeth
kirche auf der Wieden — sämmtlich gofhisch.
Von den im kaiserlichen Handschreiben vom 20. Oct.
1857 bezeichneten öffentlichen Bauwerken ist die Mehrzahl
noch im Kttckstande. Neben dem Opernhause (von Van-
dernüll und Sicardsburg) entstanden zahlreiche Ge
bäude von Corporationen und Gesellschaften, denen zum
Theil die Baugründe umsonst oder zu den günstigsten Be
dingungen überlassen worden waren. Die Creditanstalt
(bereits vor der Stadterweiterung begonnen), die Na
tionalbank (Ferstel), die evangelische Schule (Hansen),
die Handelsakademie (Fellner), das Gebäude der Garten
baugesellschaft und das Künstlerhaus (Weber), derCursalon
im Stadtpark (Garben), das Musikvereinsgebäude (Hanse n),
das gemeinschaftliche Gebäude des Architekten- und Inge
nieurvereins und des Gewerbevereins (Thienemann), die