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raten Eingang, um es in Aftermiethe geben zu können.
Fig. 54 zeigt den Typus eines Vorstadtzinshauses, welches sich
durch längere üebung entwickelte. Eine oder mehrere Trep
pen und lange Corridore führen zu den Küchen, von welchen
aus die Wohnräume zugänglich sind. Die Aborte sind ge
wöhnlich zu Gruppen vereinigt und sehr oft in ungenügender
Anzahl vorhanden. Da gewöhnlich die Anzahl der 1 enster
den Preis eines Zimmers bestimmt, so werden die Fenster-
Axenweiten meist auf jenes Minimum reducirt, welches eben
noch erlaubt, bei schmalen Pfeilern vierstöckige Häuser zu
bauen. Diese Häuser vereinigen nahezu alle Eigenschaften,
welche ein bequemes, gesundes und sittliches Wohnen schwierig
machen.
Die grösseren Wohnungen der früheren Periode unter
scheiden sich von den geschilderten dadurch, dass sie etwas
mehr für die Bequemlichkeit etc. leisten. Sie fügen der Küche
ein D ien s tb o t en zi m m e r, allenfalls auch eine Speise
kammer an und legen vor wenige Wohnzimmer und die
Küche ein Vorzimmer. Der Abort ist gewöhnlich ausser
der Wohnung gelegen.
Den Bestrebungen der Architekten, den veränderten Le
bensverhältnissen Rechnung zu tragen, ist es zu danken, dass
ein System in die Eintheilung der Wohnungen gebracht wurde
und endlich Zustände ins Leben traten, welche das Wohnen
zur Miethe erträglich machten. Die Architekten Vandernüll
und Siccardsburg sind die eigentlichen Begründer des
Wiener Zinshauses, wie es uns an den colossalen Massen,
welche die Ringstrasse umsäumen, und über diese hinaus die
Vorstädte sporadisch bedeckt, entgegentritt. Es ergaben sich
durch die regelrechte Theilung der Bauflächen drei Modalitä
ten unter denen gewöhnlich gebaut werden konnte 5 das Haus
war entweder nur an einer, an zwei oder au drei Seiten an
gebaut und konnte also nur von den Ergänzungsseiten der
Baustellen Licht beziehen. Dies gab Veranlassung, durch Ein
schaltung von Lichthöfen Wohnungs-Eintheilungen zu tref
fen, welche mehr oder minder den neu aufgestellten Anforde
rungen entsprechen; hierin hat besonders Siccardsburg
Gutes geleistet. ..
Die Anforderungen an eine Wohnung mittlerer Grosse
lassen sich folgendermassen zusammenfassen: „Die Wohnung
muss unter einem Verschlüsse von der äusseren Communication
abgegrenzt sein; sie muss ein Vorzimmer haben, von welchem
aus man in die Küche und in mindestens ein Wohnzimmer
gelangen kann; von demselben soll auch der Abort zugäng
lich sein; die Speisekammer kann mit der Küche oder dem
Vorzimmer in Verbindung stehen; das Vorzimmer sol^ ge-
Technischer Führer durch Wien. ®