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Tramdecken angeordnet, so dass die Tramköpfe stets auf die
unteren Traversengurte zu liegen kommen, die Auflager
pfeiler nicht geschwächt und bei den zahlreichen Kauchröhren
und Ventilationsschläuchen keine Auswechslungen nöthig werden.
Das ganze Gebäude wird durch Heisswasser-Heizung ge
heizt, zu welchem Zwecke im Tiefparterre vier entsprechend
grosse Heizkammern nächst den vier kleinen Lichthöfen einge
richtet sind, in Wien das erste Beispiel einer umfassenden
Anwendung dieser Heizmethode.
Die Fagaden zeigen vier Eck- und an den Langseiten
zwei Mittelrisalite. Das Tief- und Hochparterre mit dem Mez
zanin ist durch eine kräftige Bossage als gemeinsamer Unter
bau der darüber befindlichen Stockwerke charakterisirt. Die
Haupteinfahrten von der Alserstrasse schmücken vier Bossage-
säulen mit Gebälk, auf welchen vier Atlanten die Balcon-Trag
steine des ersten Stockes stützen. Der erste und zweite Stock,
zusammen 58 m hoch, ist durch eine korinthische Pilasterstellung
ausgezeichnet. An der Hauptfagade befinden sich dieser Ord
nung gemäss 10 freie korinthische Säulen mit einer über deren
Kranzgesims hinziehenden Brüstungs-Balustrade. Auf den
Balustrade-Postamenten sind 3,2 m hohe Trophäen werke auf
gestellt. Das dritte Stockwerk ist ringsum mit einer geglie
derten Pilasterstellung und mit einem l,0 m weit ausladenden
Hauptgesimse versehen, auf welchem eine steinerne Dachkranz
balustrade herumgeführt ist. Dachfirst, Aushaucher und Schorn
steine sind gleichfalls architektonisch ausgebildet. Der Hof
zeigt im ersten und zweiten Stocke jonische und korinthische
Pilasterpfeiler, im dritten Stocke eine reiche Hermentheilung
und plastische Füllungsfelder zwischen den Fenstern.
Die Gesammtkosten des Baues sammt Einrichtung und
Decorationen werden l>/ 2 Million Gulden nicht übersteigen.
f) Gebäude fär städtische Behörden.
Altes ßathhaus, Wipplingerstrasse 8 (F, 4). Bereits im
Jahre 1316 wurde der Amtssitz der Gemeinde in das auf
diesem Platze stehende Familienhaus verlegt, welches im
Jahre 1455 umgebaut wurde; in späteren Jahren wurden mehr
fach Erweiterungen vorgenommen. Ein Theil der heutigen
Fagade entstand in den Jahren 1598 bis 1620; ihre gegenwär
tige Architektur erhielt aber die Fagade erst bei der Kestau-
rirung im Jahre 1706. Ein Theil aus dem XV. Jahrhundert
ist gegen die Salvatorkirche noch jetzt vorhanden. Bemer
kenswerth ist der im Jahre 1853 restaurirte Kathsaal des
Magistrates im ersten Stocke mit vorzüglichen Stückarbeiten
und Fresken im Plafond und der in den Jahren 1851—1853 neu
Technischer Führer durch Wien. 12