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baues. Es war dies auch der erste Monumentalbau, der aus
dem Stadterweiterungsfonde bestritten wurde. Die Bauaus
führung fällt in den Beginn der grossen Bauperiode Wiens;
die Leiter desselben hatten daher auch mit grösseren Schwie
rigkeiten zu kämpfen, da die Bautechnik damals noch nicht
den heutigen Stand einnahm; auch die Architektur bekam seit
her in raschen Uebergängen eine bestimmtere Richtung,
wodurch jetzt die Aufgabe des Architekten in vieler Hin
sicht erleichtert wird. Das Gebäude ist nun ein Glanzpunkt
der Residenz geworden und ist das schönste Denkmal der
Erbauer; es war jedoch den Meistern dieses Werkes nicht
gegönnt, ihr Werk ganz vollendet und bewundert zu sehen.
Vandernüll starb am 3. April 1868, und Siccardsburg am
11. Juni desselben Jahres. Die Architekten G. Gugitz und
Professor J. Storck, die vom Anfänge her bei dem Opern
hausbaue beschäftiget waren, leiteten die letzten Arbeiten
selbstständig. Am 25. Mai 1869 erfolgte die Eröffnung durch
eine Festvorstellung. Die Gesammtkosten dieses Baues sammt
allen Einrichtungen dürften sich auf 6 Millionen Gulden
belaufen.
Beschreibung des Baues. Der für die Opernhaus-
Anlage verwendete Raum hat eine Grösse von ca. 11000Qm
wovon ca. 8000 verbaut sind. Die Anordnung der Räume
ist aus dem Grundrisse Fig. 108 zu entnehmen. Der mittlere
Theil, welcher den Bühnenraum £, den Zuschauer
raum F und das grosse Treppenhaus A umfasst, tritt nach
aussen als Hauptbau hervor , an welchen sich an der Ring
strasse ein Vorbau anschliesst, der im ersten Stockwerke die
reich ausgestattete offene Loggia enthält. Links und rechte
der Langseiten des Mittelbaues treten je zwei Flügel hervor,
welche durch kleine Tracte miteinander in Verbindung ge
bracht sind, und zu ebener Erde Arcadengänge enthalten.
Die Haupteingänge für das Publicum befinden sich auf der
Seite der Ringstrasse. Das Vestibüle theilt sich in drei
Räume, wovon der mittlere Raum das Logen-Vestibule, und
an den beiden Seiten symmetrisch die Galerie-Vestibules,
welche zu den Galerientreppen führen, sich anschliessen.
Die grosse Halle rechts vom Mittelbaue ist die Wartehalle
für das Publicum. Der Seitenflügel links in der Mitte der
Langseite enthält das Treppenhaus für den kaiserlichen
Hof, der entsprechende Vorbau auf der Seite der Kärntner
strasse enthält die Auffahrt und die Treppe B für die Erz
herzoge. Die zwei anderen ebenfalls symmetrisch liegenden
Vorbauten an der Seite der Augustinergasse enthalten die
Auffahrten und Zugänge für das Bühnenpersonal, links für
die Damen, rechts für die Herren.
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