303
mehr angewendet, obwohl noch unmittelbar vor der Zeit der
Stadterweiterung einige solche Dachstiihle aufgestellt wurden.
Die Dächer der ordinären offenen Ziegelöfen haben noch
gewöhnlich diese Construction. — Der s teh e n d e D achs tulil
findet sich häufig bei den Wohngebäuden mit kleiner Spann
weite. Die Bundgespärre — d. s. solche, welche einen
Bundtram enthalten — sind in Entfernungen von ca. 4 m aufge
stellt, dazwischen befinden sich drei Leergespärre. Die
Sparren der Leergespärre werden bei den älteren Dachstühlen
durch den Kehlbalken, der mit Zapfen und Nagel mit dem
Sparren verbunden ist, und dem Stichbalken, in welchen der
Sparren eingezapft ist („Zapfen mit Besteck“), festgehalten. Der
Stichbalken ist mit der Mauerbank verkämmt und im Wechsel
balken eingezapft, der wieder mit dem Bundtrame der Bundge
spärre verzapft ist. Dieses System der Wechsel und Stiche und
auch der Kehlbalken ist hier nun fast ganz aufgegeben, wodurch
ohne constructive Nachtheile eine wesentliche Vereinfachung
erzielt wurde. — Die Sparren derBundgespärre sind auf derPfette
aufgeklaut und im Bundtrame verzapft, die der Leergespärre
auf der Pfette und auf der Mauerbank aufgeklaut; dadurch
fallen auch die für die Dauer nachtheiligen Zapfenlöcher an
den Sparrenenden fast weg. Zur Befestigung der Aufklauun
gen werden ca. 18 cm lange gedrehte Dachstuhlklammern
eingetrieben. Der doppelt stehende Stuhl, wie derselbe ge
wöhnlich Verwendung findet, ist jedoch ohne Kehlbalken nicht
verwendbar; daher werden entweder die Stuhlsäulen gegen
die Sparren nach Art einer Strebe gestellt und man erhält
hierdurch den für kleinere Spannweiten oder für Pultdächer
gerne angewendeten Bockpfetten- oder Boekstreben-
Dachstuhl, oder man setzt zwischen beide Stuhlsäulen einen
Spannriegel, wodurch der „stehende Stuh.1 mit Brust
riegel“, wie er auch fälschlich genannt wird, entsteht. Damit
der eingesetzte Brustriegel besser verspannt wird, werden die
früheren Fussbänder der Stuhlsäule zu Streben, und der ver-
ticale Balken zwischen Strebe und Brustriegel hört auf eine
Stuhlsäule, eine Stütze zu sein, sondern wird eine Schliesse,
eine Hängesäule. Auf diese Weise dürfte das hier ganz all
gemein verwendete Dachstuhlprofil: Der Dachstuhl mit
eingesetztem Hängewerke, entstanden sein. Das Profil
ist ungemein einfach, und die Construction bei den geringsten
Querschnittsprofilen der Balken äusserst wirksam. Fast jeder
Neubau zeigt diese Construction mit geringen Differenzen in
den Holzstärken und dem Detail der Verbindungen. Die An
wendung der Kniestöcke macht das auf die nothwendigsten
Balken reducirte Profil wieder etwas voller. Fig. 119, Dach
stuhlprofil über dem Treppenhaustracte mit der Oberlichte über