MAK
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Internationale. Sammler-Zeitung 
Nr. 1 
Ist eine Entwertung der Japandrucke zu befürchten? 
Von Karl Mienzil, k. u. 
Als Sammler japanischer Farbenholzschnitte wurde 
ich zu wiederholtenmalen befragt, ob der Krieg irgend 
einen Einfluß auf den Geldwert der japanischen Kunst- 
gegenstände, namentlich aber auf den Farbenholz 
schnitt, ausüben werde. Die Meinungen, die ich dabei 
selbst hörte, waren ganz verschieden. Manche erklärten, 
daß der japanische Farbenholzschriitt ganz entwertet 
sei, andere wieder, daß der Krieg auf dessen Marktwert 
keinen Einfluß haben werde. Es gab aber auch Sammler, 
die der Meinung waren, daß, wenn auch der Japandruck 
während der Kriegszeit bei Versteigerungen keinen 
besonderen Preis erzielen würde, doch bald die alten 
Verhältnisse eintreten dürften. Diesen Letzteren neige 
ich zu. 
Die Kunst ist auf keine einzelne Nation beschränkt, 
sie gehört allen Völkern. Sie darf nicht in eine Reihe 
mit den Erzeugnissen des Gewerbes und der Industrie, 
nicht mit den Naturprodukten gestellt werden, die 
den Reichtum eines Landes ausmachen und um den 
die Völker miteinander ringen. Man kann Handels 
kriege führen und gegen feindliche Völker die Verrufs 
erklärung, den sogenannten Boykott, erlassen, um deren 
finanzielle Kraft zu brechen, vor der Kunst muß der 
Boykott Halt machen. Die Schädigung der Kunst 
eines Landes schädigt nicht dieses allein, es ist ein 
Schaden, den man der Kultur überhaupt zufügt. 
Man könnte es nur als blinden Haß bezeichnen, wenn 
man den sonst ganz berechtigten Boykott auch auf 
die Kunst ausdehnen würde. 
Wer die Gelegenheit hätte, alte, bedeutende Meister 
werke unter günstigen Bedingungen zu erwerben und 
ließe sie ungenützt, nur weil die Werke von feindlichen 
Völkern stammen, der würde töricht handeln. Wenn 
die öffentlichen Faktoren so dächten, müßten sie ja auch 
aus unseren Museen alle fremden Kunstwerke entfernen 
und sie mindestens solange irgendwo bergen, bis wieder 
die Zeit kommt, wo sich die Feindschaft der Völker 
in Freundschaft wandelt. Aber so denkt zum Glücke 
niemand. 
Es werden jetzt und späterhin Kunstwerke aller 
Völker auf dem Kunstmarkte erscheinen und ihre Lieb 
haber finden und nur die finanzielle Kraft und nicht die 
Feindschaft werden beim Erwerb maßgebend sein. 
Wenn zur Zeit die Nachfrage nach Japandrucken eine 
geringe ist, so erleiden sie nur das Schicksal aller anderen 
Kunstsammelgegenstände. Aber der schwächeren Nach 
frage steht beim Japandrucke die große Seltenheit der 
guten Blätter gegenüber, die vom Händler zurückgelegt 
werden, bis die Kauflust der Sammler wieder erwacht. 
Ich glaube nicht, daß es einen Kunsthändler gibt, der 
gute Japandrucke verschleudern würde. 
Nach dem Kriege wird sich der Kunstmarkt bald 
wieder hcb.en und was speziell die Preise des Japan 
druckes anbelangt,, die ohnehin zu hoch w r aren, werden 
sie gewiß sich wieder regulieren. 
Ich möchte, zur Begründung meiner Ansicht auf 
folgendes hin weisen: Wo wurden am meisten Japan 
drucke gesammelt und wo zahlte man die besten Preise ? 
In den Vereinigten Staaten Nordamerikas in 
erster Linie, dann in ihrem Heimatlande Japan selbst, 
das in den letzten Jahren alle Hebel in Bewegung 
setzte, um das nachzuholen, w T as früher in dieser 
Hinsicht versäumt wurde. Japan sandte Vertreter auf 
den europäischen Markt; die den Auftrag hatten, die 
k. Oberst d. R. (Wien). 
ausgebotenen Blätter für die heimischen Museen anzu 
kaufen. Zu spät waren die Japaner zur Erkenntnis ge 
kommen, daß sie ihrem ureigensten Kunstwerke, dem 
japanischen Farbenholzschnitt, nicht jene Beachtung 
geschenkt hatten, die ihm zukommt, wobei es natürlich 
immer einzelne Sammler im Lande gegeben hat, die zu 
den besten Kreisen gehörten. In meinen Mappen be 
finden sich so manche Blätter, die den Stempel solcher 
Sammler aufweisen. 
Japan hat es nicht leicht, das Versäumte nach 
zuholen. Amerika macht ihm schärfste Konkurrenz. 
Die Vereinigten Staaten sind bestimmend für den 
Marktpreis und die Japaner müssen tief in den Säckel 
greifen, wollen sie den Amerikanern japanische Farben 
holzschnitte abjagen. Der Wettbewerb zwischen Amerika 
und Japan wird nach dem Kriege gewiß nicht aufhören, 
denn fliese Staaten sind von allen Sammelländern 
gerade diejenigen, die durch den Krieg am wenigsten 
leiden dürften. 
Was die europäischen Sammler betrifft — bedeutende 
Sammler befinden sich in Deutschland, England und 
Frankreich, einige auch bei uns in Österreich — so 
glaube ich nicht, daß deren Kaufkraft infolge des 
Krieges derart geschwächt sein wird, daß sie einen 
merkbaren nachteiligen Einfluß auf den Kunstmarkt' 
ausüben werde. 
Die Unlust zum Sammeln von Japandrucken aus 
Verachtung gegen dieses so undankbare Land wäre 
schlecht angebracht, man würde den Japanern doch 
nur einen Dienst erweisen, da sie auf diese Art wieder 
billig zu ihren Kunstwerken kommen würden, die sie 
einst im Unverstand Sammlern und Museen fremder 
Länder überlassen haben. 
Eine Besorgnis der Entwertung der Japandrucke 
ist also unbegründet. Ich wenigstens mache mir 
deshalb keine Sorge, im Gegenteil, ich halte dafür, daß 
sie später noch im Werte steigen werden, da sic immer 
seltener werden. 
Bei dieser Gelegenheit will ich noch etwas erwähnen, 
das zwar keinen Bezug auf das bereits Besprochene 
hat, jedoch die Sammler des Japandruckes interessieren 
dürfte. Mein Bestreben ging stets dahin, meinen Katalog 
über den Japandruck so sachgemäß und richtig als 
nur möglich zu verfassen. Zu diesem Zwecke trat ich 
seit einigen Jahren mit gebildeten, hier sich aufhaltenden 
Japanern in Verbindung, die mir hiebei behilflich waren, 
doch erst im letzten Jahre hatte ich das Glück, einen 
japanischen Kunst Schriftsteller Kito mit Namen, 
kennen zu lernen, der selbst Sammler ist, und mit 
ihm meinen Katalog nochmals zu überprüfen. 
Besagter Kito war einer von den wenigen, die ein 
vollkommenes Verständnis für diesen Kunstzweig 
zeigten und dem das Lesen der alten japanischen und 
chinesischen Schriftarten keine Schwierigkeit bereitete, 
was sonst seihst bei hochgebildeten Japanern der Fall 
ist, wie ich cs aus Erfahrung weiß. 
Und nun der eigentümliche Zufall. Gerade an dem 
Tage, wo das japanische Ultimatum überreicht wurde, 
behandelte ich mit ihm das letzte Blatt meiner Sammlung. 
Das Ultimatum war sozusagen der Schlußpunkt dieser 
Arbeit und eine Überraschung von niederschlagender 
Wirkung für den Japaner, dem ich einen Sammel 
katalog verdanke, der von einer Vollkommenheit ist, 
wie er selten zu finden sein wird.
	        
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