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Wagnerschule und — die einzige Herrin der Kunst ist die Not^
wendigkeit. In dieser Richtung wirkt das Streben der Schule, nicht aber
dahin, Bestehendes, für uns Moderne Unpassendes, zu kopieren, sich in alten
Kunstformen zu üben und diese mit geringen Änderungen als neu aufzutischen.
Nicht etwas für ewige Zeiten Bleibendes ist in der Kunst zu schaffen, nicht
ein Typus, ein Vorbild, ein Muster, eine Schablone, mit deren Hilfe man
Kunstwerke fabrizieren kann; — der Künstler muß der Göttin folgen auf ihrem
Siegeslauf durch die Zeiten; nur der rastlos Strebende bleibt Künstler, der auf
errungenem Standpunkt Verharrende sinkt zum Handwerker herab, der erlernte
Handgriffe ausübt, und glaubt noch immer der Kunst zu dienen, während ihn
die Göttin schon längst verlassen, zurückgelassen hat. Der Künstler lernt nie
aus, er kann nie etwas schaffen, das er nicht schon beim nächsten Versuch zu
übertreffen trachtet, er schreitet immer mit der Muse fort, -— nur Eines bleibt
stehen, bleibt ewig und unabänderlich das Gleiche: — der Kunstgedanke, das
□ Prinzip der Kunst, die Basis seines Schaffens. E
Diesen Fortschritt der Kunst zu fördern, einWeniges beizutragen zu dem
Schaffen der Kunst weit, zu helfen der Muse den Weg zu ebnen, das ist der Wille,
der die ganze Schule beseelt, der sie zu rastlosem Ringen hinreißt. Von diesem
Standpunkte aus sind auch ihre Arbeiten zu betrachten; nicht etwas abgeschlossen
Geschaffenes sollen sie sein, sondern einProdukt des Strebens, eine Anregung, ein
Hinweisen auf noch zu lösende Probleme. Es sind keine fertigen Arbeiten, sie sind
nur soweit fertiggestellt, als es die Lösung der Aufgabe erheischt, daß der Grunde
gedanke frank und frei dastehe, aber nicht so mit Tand behängen, mit Details
überladen, daß man aus all den Einzelheiten nicht den Kern der Sache findet.
□ Diese Grundprinzipien hat unser hochverehrter Meister der ED
Schule als Seele eingehaucht und sein Odem lebt in uns fort; wir wollen ihm
folgen in seinen Bestrebungen, das Schaffen der Kunstwelt in die richtigen Bahnen
zu leiten, wollen unter seiner Führung, an seiner Seite den Kampf mitkämpfen
gegen die starrsinnig verteidigten Doktrinen über die Anwendung stilreiner und
gut kopierter Formen vergangener Jahrhunderte, gegen das Handwerksmäßige
in der Kunst, wollen mit unseren jungen Kräften ihm helfen bei dem Titanen-
werke. Wir wollen die Aufgabe erfüllen, zu der er uns berufen hat, durch Tat
und Wort und Schrift seinen Geist verbreiten, seine Lehren verkünden, sein
ED ID (D CD ED Werk fördern, wollen sein Wort wahr machen: □ ID ID ID ID
□ »Sie werden Kinder ihrer Zeit sein; ihre ID
Werke werden den eigenen Stempel tragen,
sie werden ihre Aufgabe als Fortbildner
erfüllen, ihre Sprache wird der Menschheit
verständlich sein, in ihren Werken wird
0 die W'elt das eigene Spiegelbild erblicken.“ ID
WIEN, IM JANUAR 1905. o □ ID o KARL MARIA KERNDLE.