82
vor dem bereits erwähnten Functionär, und der Geklagte wird
von dem Inhalte der Klage verständigt und zu gleicher Zeit ein
Vergleichsversuch eingeleitet. Kommt der Vergleich nicht zu
Stande, so einigt sich die Pforte mit dem Gesandtschafts-Dol
metscher über das Tribunal, dem die Sache zugewiesen werden
soll, welches nun fast in allen Fällen das Handels-Tribunal ist.
Ist der Kläger der fremde Unterthan. so wird, da er als
solcher nicht in directe Beziehung mit der Pforte treten kann,
die bei seiner Behörde eingereichte Klage auszugsweise in einer
gesandtschaftlichen Note der Pforte mitgetheilt und der geklagte
türkische Unterthan hierüber vorgeladen. Wenn der Geklagte
seine Schuld nicht anerkennt und kein Vergleich zu Stande
kommt, so wird die Klage unmittelbar durch ein kurzes Indorsat
dem Handelsgerichte zugewiesen. Erklärt der Geklagte sich
bereit, sich mit dem Kläger abzufinden, so wird ebenfalls kein
gerichtlicher Act darüber aufgenommeu, und es hängt nun ganz
von dem Ermessen des Klägers ab, ob er sich mit diesem \oi
der Behörde gemachten mündlichen Versprechen begnügen will,
oder ob er es vorzieht, eine förmliche Sentenz des Handels-Tri
bunals hervorzurufen. Es bleibt zu erwähnen, dass in Fällen, wo
der Geklagte ein Würdenträger des Staates ist, er nicht persön
lich vorgeladen wird, sondern die die Klage des fremden Unter-
thanen enthaltende gesandtschaftliche Note ihm mit einem dieselbe
begleitenden Schreiben des Grossveziers übermittelt wild. Die
hierauf erfolgende Antwort, die oft sehr lange auf sich warten
lässt, da der Geklagte an keinen Termin gebunden ist, vertritt
die Stelle einer mündlich abgegebenen Erklärung, über welche
dann nach Umständen wie oben weiter vorgegangen wird.
Diese Art der Zustellung der Klage ist der ersteren vorzuziehen,
weil der Schuldner diese seine schriftlich abgegebene Er
klärung, wonach er sich zu irgend einer Leistung oder Zahlung
verpflichtet, nicht so leicht zurücknehmen kann, als eine münd
lich abgegebene Erklärung, und sie gewissermassen schon eine
Art Anerkennung der Liquidität der eingeklagten Forderung
in sich schliesst, daher in solchen Fällen die Wirksamkeit des
Handels-Tribunals meist ganz entfällt, und der Geklagte nur
im administrativen Wege verhalten wird, auf Grund seiner Ein
rede seinen Verpflichtungen nachzukommen.