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Volltext: Der Welthandel : (Additionelle Ausstellung Nr. 6), officieller Ausstellungs-Bericht

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Dr. Carl Thomas Richter. 
Alterthums. Und da wird von den arifchen Stämmen der benachbarte femitifche 
Stamm und der, der die afrikanifchen Länder längs des Nil bewohnt, bald berührt, 
als Babylon und Niniveh die Bewegung des Handels und der gefammten Cultur 
beftimmen. Böckh’s und Dunker’s Unterfuchungen haben uns über die hier fchon 
herrfchenden Mafse, Gewichte und Geldarten belehrt. Als Syrien durch feine glück 
liche Lage Europa mit Afien verbindet, gehen diefe Culturkräfte mit den Göttern 
und Handelsleuten nach der europäifchen Welt. 
Diefem örtlichen Verkehr über Babylon gegenüber entwickeln die Phönicier 
über Cypern, Rhodus, über Sicilien und Spanien mit ihren Anfiedlungen einen 
Handel, in w r elchem ihre Schiffe, wie Arirtoteles erzählt, fo beladen waren, dafs 
fie es nicht tragen konnten und fie „vor der Abfahrt alle Geräthe und felbft die 
Anker aus Gold machten“. So wächft Europa, wie von zwei Armen von Orten 
und Werten emporgehoben, heran, bis nach dem Untergang der Blüthe diefes 
dunklen Zeitalters nur noch die bald heimatslos gewordenen Trümmer der alten 
Handelsvölker, die Juden, in der römifchen Welt und weit über diefe hinaus den 
wirthfchaftlichen Zusammenhang der Welttheile erhalten. Ihre alten Handels- 
niederlaffungen in Afien und Afrika, die, gegründet, als fie felbft vom Feldbau zum 
Handel übergehen, an der älteften Welthandels-Bewegung theilnehmen, mit den 
Indiern und Phöniciern verbunden, fpinnen bald ihre Fäden auch um das Leben 
Europas und feiner alten und neuen Völker. In den erften Jahrhunderten dieferZeit 
wird der Knoten aller Handelsbeziehungen von ihnen im Delta für lange feft- 
gefchlungen, aus dem Alexandrien allmälig als erfte Welt-Handelsftadt und als 
Kreuzungspunkt Afiens und Europas fich erhebt. Hier empfangen fie von den Ihren 
die Specereien und Gewebe Arabiens, Indiens und Chinas und tatifchen fie aus in 
den Donauthälern, Frankreich und Spanien bis mitten in den Barbarenländern durch 
die Vermittlung ihrer kaufmännifchen Corporationen gegen Gold und Silber, als die 
Stämme felbft noch nachTacitus „des einfachen Waarenaustaufches“ fich bedienten, 
und fetzen fich feft in Spanien und, mit den Reften der romanifchen Handelswelt 
vermifcht, in Marfeille, das fie zum Handelsplatz für die Einfuhr von Papier, Oel, 
Specerei und Seide bedeutungsvoll emporheben. Hätte die Emfrgkeit diefes Volkes 
nicht den ganzen Schatz altafiatifcher Cultur erhalten und in die Welt getragen, es 
wäre kaum aus den Trümmern des zufammenbrechenden römifchen Reiches das 
mitteleuropäifche Städteleben fo rafch emporgewachfen, jenes Leben, welches 
entlieht, wie Plato im zweiten Bande der „Gefpräche über den Staat“ Sokrates zu 
Adrimantes fagen läfst, „weil jeder Einzelne von uns fich felbft nicht genügt, 
fondern Vieles bedarf ... Es gründet alfo unfer Bedürfnifs die Stadt.“ 
Die römifche Welt, wie fie in ihrer ftaatlichen und focialen Geftaltung fich 
auch mächtig entwickelte, hat in diefer handelspolitifchen Geftaltung fo wenig als 
die Zeit Griechenlands bemerkenswerthe Veränderungen erzeugt. Die beiden wirth- 
fchaftlich beftimmt abgefonderten Ländergruppen des römifchen Reiches: Nord 
afrika, Sicilien, Egypten und Taurien, die Handelsländer der damaligen Welt, und 
Griechenland, Italien und Kleinafien, die Heimat der Gewerbe und Induftrie, hat 
fie mit Taufenden Meilen Strafsen über das bekannte Europa, Afrika bis tief nach 
Afien überfpannt. Der Handel war immer derfelbe und hatte immer den gleichen 
Charakter, ob die ftaatliche Handelspolitik des Prätors Csecilius Metellus Zoll 
freiheit oder jene Julius Csefars Zölle fchafft und dieL. 16. §. 7 Dig. de Publicanis et 
vidi, et commiss. ein ganzes Syftem von Abgaben, Hafen-, Brücken- und Schleufsen- 
geldern erzeugt, die zu Gunften des Verkehres gefchaffenen Einrichtungen damit 
wieder zu vergüten. Die edlen Metalle Europas ftrömen, wie Plinius klagt, nach Afien 
wie einft und fpäter für die edlen Gewebe, Specereien und Edelfteine ab, die Han 
delsartikel und Confumtionsmittel einer früheren und fpäteren Welt. Und fo 
rafch ging die Strömung, dafs unter Kaifer Augüftus fich der Barfond des Reiches 
von 8 Milliarden auf 2 Milliarden und gegen den Schlufs des IX. Jahrhunderts 
auf 825 Millionen Francs vermindert hat und erft nach dem gänzlichen Erlahmen des 
Handels mit der Levante die Schätze der Bergwerke wieder aufs Neue die Caffen
	        
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