Der Welthandel.
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die rafche Entwicklung. Dazu kam nun auch die Erfindung des Pökelns der
Häringe, mit denen die Holländer durch Jahrhunderte den Markt beherrfchten und
einen ungeheueren Confum zumeift vor der Reformation deckten. Als die Hanfa
verfiel, bauten die Holländer jährlich 2000 neue Schiffe. Freilich befafsen diefe, was
die Hanfa nie erreicht hatte, eine bald nach ihrem erften bedeutenden Auftreten
entwickelte nationale Einheit. Bald auch entwickelte fich in jenem grofsen Frei
heitskampfe, den die Holländer fiegreich gegen die fpanifche Gewaltherrfchaft
durchführten, und als Amfterdam an die Stelle des gequälten und von religiöfer
Unduldfamkeit zerrütteten Antwerpen zum Centralpunkt des Welthandels empor
wuchs, jener ftolze Heldengeift, der die Seemacht Spaniens fall zerftörte,
die Colonien von Oftindien Portugal entrifs, als diefes mit Spanien fich verbunden
hatte, und einen Theil von Brafilien eroberte. In diefer grofsen Zeit gehörten von
den 20.000 Segeln, die den Seehandel Europas leiteten, 16.000 den Holländern.
Erft die Republik England und die Navigationsadte, die von Colbert in Frank
reich eröffnete Handelspolitik engten die holländifche Seemacht ein und die eng
herzigen Anfchauungen der reich gewordenen Frachter und Handelsleute ver
mochten weder neue Hilfsmittel für die Heimat zu entdecken, noch der andrän
genden Concurrenz Stand zu halten. England verdrängte Holland von der
hohen See und den Killten Amerikas, Indiens und felbft Europas. Frankreich
fchnitt ihm durch die bourbonifche Succeffion in Spanien den Handel nachdiefem
Lande ab, Belgiens Ackerbau und Gewerbe erblühten wieder unter der öfter-
reichifchen Herrfchaft und wuchfen dann mit Frankreich vereinigt bald wieder zu
ihrer alten Bedeutung heran. Mit dem Beginn unteres Jahrhunderts und dem Auf
treten neuer, die Welt in ihrer Richtung bald beftimmenden Kräfte, ilt Holland
auf feine gefchmälerten Colonien befchränkt, den Plandel mit diefen und den
deutfchen Zwifchenhandel. Die Erben diefer Macht, wie jener alten Staaten, die
in der Zeit des XV. bis XIX. Jahrhunderts zu finken begannen, waren die
Engländer.
Schon zur Zeit, als die Hanfa von England den Fuchspelz um einen Gulden
kaufte und den Fuchsfchwanz wieder um das Dreifache nach England verkaufte, hat,
durch eine kluge Regierung und einen gefunden Volksfmn unterftützt, die eng-
lifche Landwirthfchaft und Schafzucht, fich bedeutend gehoben. Schon zu Anfang
des XIV. Jahrhunderts gab es Güter mit 10.000, 24.000 und 28.000 Stück Schafen
und betrug die Ausfuhr der Wolle Hunderttaufende von Pfunden. Die in England
felbft erzeugten Tücher gingen meiftens roh nach Belgien, um dort gefärbt und
appretirt zu werden. An der fich aber immer kräftiger entwickelnden Acker-
wirthfchaft und Wollproducftion zog fich allmälig die Wollmanufacftur grofs, die
Elifabeth, Jacob I. und Carl I. in aller möglichen Weife förderten. Schon 1354
foll die Ausfuhr der Wollftoffe zwei Millionen Pfund Sterling betragen haben,
beiläufig neun Zehntel der damaligen gefammten englifchen Ausfuhr. Tuch war
ftets ein guter Taufchgegenftand fowohl mit dem Norden Europas als auch der
Levante, Oft- und Weftindien. Es ift nichts erklärlicher als das, dafs bei einem
ftrebfamen Volke die Bliithe einer Induftrie rafch die einer anderen gedeihen läfst.
In England gedeiht nun bald auch die Leder- und Metallinduftrie, an diefer
erwuchs die Steinkohlen-Förderung, dann der Schiffbau, allmälig entwickelt fich die
Küftenfchifffahrt, der Fifchfang, zumeift der Härings- und Wallfifchfang. Dieunduld-
famen Regierungen von Spanien und Frankreich fchickten viel tüchtige Arbeiter
auf anderen Gebieten und neben dem Kunft- und Luxusgewerbe, das Frankreich
und Spanien mit Arbeitern nährte, gedieh bald ein reges wirthfchaftliches
Leben.
Schon im XII. Jahrhunderte kamen flandrifche Wollweber nach Wales,
fpäter Italiener, um in London Geld- und Wechfelgefchäfte zu errichten. Die
Juden zogen von Spanien und Portugal hinüber, aus Venedig gingen die Kauf
leute mit ihren Schiffen und Capitalien nach der auflebenden Welt. Die Refor
mation und die Religionsverfolgungen faft in ganz Europa drängten ganze Schaaren