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Volltext: Der Welthandel : (Additionelle Ausstellung Nr. 6), officieller Ausstellungs-Bericht

Dr. Carl Thomas Richter. 
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Ehe wir zur endlichen Erfüllung unferer Aufgabe gehen, fei es gellattet, 
noch jener Kraft, welche unferem Jahrhundert einen beftimmten Charakter, ja oft 
auch den Namen gegeben hat, der Dampfkraft noch im Allgemeinen einige Auf- 
merkfamkeit zuzuwenden. Bei jeder Rechnung mufs man die Fadtoren kennen, 
und wenn wir von den Verkehrsmitteln, von der Induftrie unferer Tage fprechen 
wollen, ift es immer die Dampfkraft, welche fie in ihrem Charakter und ihrer 
Wirkung beftimmt. 
Die Dampf kraft. 
Elektricität und Dampfkraft, fagten wir, find die Kräfte, weiche unfer Jahr 
hundert bewegen und auf der Bahn der Cultur mit mächtigen Schritten vorwärts 
drängen. Eifenbahn- und Dampffchiff-Fahrt haben mit den Telegraphen den 
wirthfchaftlichen Verkehr zu einem Weltverkehr erhoben, haben die ein- 
zelnen Perfonen und die That derfelben von der Scholle losgelöft und die heutige 
Gröfse des Wandels und Handels auf geiftigem und materiellem Gebiete 
gefchaffen. 
Die Kraft der Elektricität ift heute nur erft in einer einzigen Wirkung aus- 
genützt, in der Wirkung, das Wort als Zeichen im Fluge des Gedankens über 
Taufende von Meilen fortzutragen. Wir werden in der Darftellung der Mittel des 
Weltverkehres die Ausdehnung des Telegraphennetzes weiter befchreiben. Die 
uralte Zeichenpoft trennt Taufende Jahre von uns und felbft Sömmerings erfte 
Erfindung auf 3138 Meter Länge zu fprechen, ift durch Steinheil und Morfe und 
ihre ausgebildeten Telegraphenapparate zu einer Vollkommenheit gebracht, dafs 
fie mit den Erfindungen der Vergangenheit nichts mehr gemein haben. Aber nicht 
nur, dafs die räumliche Ausdehnung der Telegraphen fich erweitern mufs, es wird 
gewifs die Zeit kommen, welche der Wirkfamkeit der Elektricität neue Aufgaben 
vorfchreiben wird. Möglich, dafs dann, wie einft die Stahlzeit die Eifenzeit nach 
Cotta’s gelehrtem Ausfpruche überwunden hat, möglich, dafs dann die Zeit der 
Dampfkraft überwunden ift und die Dampfmafchine nur auf den Kleinbetrieb 
zurückgewiefen wird. Die Möglichkeit diefer Ausbildung der wirkenden Kräfte 
ift, ganz abgefehen, dafs fie die Wiffenfchaft zugibt, auch praktifch nicht aus- 
gefchloffen, am wenigften, wenn man die Entwicklung der Dampfkraft und ihrer 
Benützung felbft verfolgt. 
Der Theekeffel James Watt’s wird zur Kindergefchichte, zum Märchen, 
wenn wir die heute wirkenden Dampfkräfte und Dampfmafchinen betrachten. 
Der Dampf, den man mittelft fünf Pfund Steinkohle erzeugt, vermag diefelbe 
Leiftung zu fchaffen, die ein kräftiger Mann erft in zehnftündiger Arbeit zu leiften 
vermag. Beachten wir nun, dafs z. B. Grofsbritannien heute allein mehr als 
117 Millionen Tonnen Kohle producirt. Nach dem angegebenen Koftenverhältniffe 
würde diefe Kohlenmenge beiläufig etwas mehr als 150 Millionen Arbeiter und ihre 
Leiftung vertreten. 
England trägt aber nur den zehnten Theil zur Kohlenmenge bei, die heute 
jährlich auf der ganzen Erde gewonnen und verbraucht wird. Die Gefammtmaffe 
der producirten Kohlen bedeutet alfo eine Leiftungsfähigkeit von 1500 Millionen 
Arbeitern. Die ganze lebende Generation könnte alfo nie ausreichen, die wirkende 
Dampfkraft zu erfetzen. Und aufser den Steinkohlen wirken noch andere Brenn- 
ftoffe und neben der Dampfkraft noch andere mechanifche Kräfte mit, die heute 
nöthige Gütererzeugung der Welt zu fördern. Beachtet man die Kohlenpreife 
und die Koften der mit Kohle erzeugten Dampfkraft, fo genügt es wohl zu fagen, 
dals die Summe der producirten Kohlen 1871 in England den Preis hatte von 
30,121.347 Pfund Sterling. Rechnet man die Erhaltungskoften eines Arbeiters
	        
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