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Dr. Carl Thomas Richter.
Wir zählen nun zu den Rohftoffen die Summe jener Güter und Waaren,
welche Natur und Arbeit fchaffen, um anderer Arbeit weiter zu dienen. Hieher
gehören die Rohftoffe aus dem Mineralreiche: die Kohlen, das Eifen und andere
Metalle, die Stoffe des Thierreiches, Wolle, Seide u. f. w., di.e Stoffe des Pflanzen
reiches, Baumwolle, Farbhölzer und dergl. mehr. Zu den Produdtftoffen zählen
wir die Summe jener Güter, welche ein fertiges Product der Natur, von der Arbeit
des Menfchen derfelben abgerungen, für die Erhaltung des Gefchlechtes und der
Arbeitskraft dienen. Alfo Getreide, Fleifch und Fleifchprodudte, Salz u. f. W.
und die Summe der Colonialwaaren.
Wie grofs auch dieMaffe dervon derNatur und Arbeit erzeugten Güter fein
mag, das mag man doch für immer und für das Folgende fefthalten, dafs der
Welthandel und das Weltintereffe nur mit verhältnifsmäfsig wenig Gütern ver
bunden ift. Bei diefen wenigen Gütern ift es aber freilich fo lebendig , dafs,
wenn der Welthandel die Bedürfniffe nicht befriedigen könnte, oder wenn er
aufhören würde fie zu befriedigen, diefs ficher einen ernlten Rückfchritt der
gefammten menfchlichen Cultur bedeuten würde.
Die Welt und in ihr die Menlchheit bewegt fleh auf fteigender Bahn nur
vorwärts durch die Bewegung der Güter und insbefondere der Güter des Welt
handels. Der Thee hatte Europa erft mit den Intereffen des chinefifchen Reiches
verbunden , und er ift es, durch welchen wir Gefchichte und Gefchick eines
Theiles einer anderen Welt mitleben. Seit dem Auftreten der Raupenkrankheit
und dem Zwang, den europäilchen Bedarf an Seide aus China und Japan zu
decken, ift diefes Band der Intereffengemeinfchaft ein noch engeres, geworden,
und der befte Mafsftab dafür läfst fleh 'in dem wachfenden Raum erkennen,
den die Bewegung der Politik, ja fogar der Tagesereigniffe in diefen fernen
S aaten heute in unferen Zeitungen, einnimmt. Seit zwei Jahren ift die Raupen
krankheit in Europa verfchwunden, die Nachfrage nach japanefifcher Seide
gefunken, und in demfelben Augenblick das Bemühen der japanefilchen Seiden
züchter und Seidenfpinner lebendig geworden, durch die Verbeffejung des Roh-
ftoffes wieder auf den europäifchen Markt zu gelangen. Das Aufhören einer
fchlimmen Naturerfcheinung wirkt in Japan weiter und hebt eine ganze Wirth-
fchaft und eine ganze grofse Produdtion. Ohne die Baumwolle hatte Europa
niemals nach Amerika ein doppeltes Kabel gelegt, und wenig würde uns.daran
liegen, Tag um Tag, ja oft Stunde um Stunde vom Regen und Sonnenfehein, vom
Wachfen und Gedeihen der amerikanifchen Felder benachrichtigt zu fein. Man
könnte die Zahl der Beifpiele noch vielfach vermehren. Aber fle beweifen Alle
nichts mehr, als was wir fchon oft betonten und eben wieder ausgefprochen
haben: die Entwicklung des wirthfchaftlichen Lebens der Welt ift eben die
Grundlage der Entwicklung ihrer geiftigen und fittlichen Kräfte.
Die Rohftoffe des Welthandels.
Wir zählen hieher und theilen diefelben ein als Stoffe des Mineral-, Pflan
zen-und Thierreiches, welche einen Gefammtbedarf aller menfchlichen Wirth-
fchaften bilden und die von Millionen erzeugt werden , um anderen Millionen
Arbeitskräften für die Erzeugung neuer Güter zu dienen und dadurch ein Welt
intereffe vertreten.
Die Stoffe der Mineralreiche.
Die Kohle. Wir haben hier nach der umfaffenden Arbeit, welche
Dr. A. Peez und Director Pechar für den erften Band des officiellen Berichtes in