DER WELTHANDEL.
('Additionelle Ausstellung Nr. 6.1
Bericht von
D K Carl Thomas Richter,
k. k. o. ö. Profejjfor der Staatsmißen/cha/t an der Univerfifät zu Prag.
EINLEITUNG.
„Auf wenigen Gebieten des volkswirthfchaftlichen Lebens treten die Fort-
fchritte unferes Zeitalters in fo einfehneidenden und durchgreifenden Reformen
hervor, als auf dem Gebiete des Welthandels, und zwar fowohl in Bezug auf deffen
Bedeutung, als auf deffen Umfang.
„Wenn die raftlos fortfehreitende Entwicklung des Culturzuftandes der
verfchiedenen Staaten und Völkerfchaften den Weltverkehr belebt und die Solida
rität der Intereffen mehr und mehr zum allgemeinen Bewufstfein bringt, fo miiffen
andeifeits die ftets wachfenden Ziffern, durch welche der jeweilige Stand des
Welthandels zum Ausdrucke kommt, einen Rückfchlufs auf die Fortfehritte der
Länder in materieller und intellektueller Beziehung geftatten.
„Ein Culturfortfchritt auf irgend einem Punkte der Erde macht fich über
den ganzen der Cultur zugänglichen Raum hin fühlbar. Die Alles beherrfchenden
Leiftungen der menfchlichen Intelligenz auf technifchem und commerciellem
Gebiete und die Ausbildung der Transportmittel, namentlich in Folge der Ein
führung des Dampfes, waren nicht blofs von den wohlthätigften Wirkungen auf die
davon unmittelbar berührten Culturvölker begleitet; fie haben ihre befruchtende
Kraft auch weit über den Ocean getragen und nicht nur den Europäer und feine
Abkömmlinge jenfeits der Grenzen des von ihm bewohnten Welttheiles an neue
und veimehrte Bedürfniffe gewöhnt, ihn arbeitsluftiger, wohlhabender und in
Folge deffen kauffähiger gemacht, fondern auch den Bewohner der fernften Zonen,
der Jahrhunderte lang gewohnt war, für Befriedigung feiner mäfsigen und
befchränkten Bedürfniffe zu arbeiten, in den grofsen Kreis des Weltverkehres
gezogen und ihn befähigt, die Produkte feines Schaffens beffer zu verwerthen und
andere Erzeugniffe dafür eiuzutaufchen. deren Verbrauch ihn mehr und mehr den
Culturvölkern nähert. Daher die grofse wirthfchaftliche Bedeutung des Welt
handels, der raftlos vorfchreitend, durch feine eigene Kraft fich immer neue Gebiete
eifchliefst, unaufhaltfam hinwegfetzt über Berge und Meere und für die Dauer keine
politifchen Grenzen, fondern nur Produktions- und Confumtionsgebiete kennt. Aus
die fern Grunde dürfte auch die jeweilige Ausdehnung des Welthandels einen zuver-
läfiigen Mafsftab für den Culturzuftand verfchiedener Zeiten geben , wie auch die
Betheiligung eines jeden Volkes an diefem Gefammtverkehre einen Anhaltspunkt
für die Beurtheilung feiner Le iftungsfähigkeit fo wie für dieKauf- und Confumtions-
fähigkeit feiner einzelnen Theile liefert.