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schule eintreten und den allenfalls auf privatem Wege erlangten,ersten Unter
richt in der Schule tüchtig und regelrecht weiter aufbauen können, zu der
Zeit ist das Mädchen wieder auf den Unterricht im Hause, auf einzelne,
meist regellos gefügte Lehrstunden oder auf die Privatinstitute angewie
sen, auf Schulen, die, wie ihr Name besagt, Privatunternehmen sind, die
den Unternehmer nähren, seinem Interesse dienen und sich darnach re
geln müssen. Diesem Grundprincipe gemäss sind diese Schulen gestaltet.
Die Grundbedingung ihrer Existenz ist eine genügende Zahl von Schüle
rinnen, und um diese Zahl möglichst hoch zu gestalten, muss allen, von
Eltern und Schülerinnen gestellten Anforderungen, allen Launen der Be
theiligten Rechnung getragen, allen Geboten der Mode entsprochen, jeder,
selbst schwindelhaften Concurrenz die Spitze geboten werden. Ein kin
disches Gemische von allen erdenklichen Wissenszweigen und Künsten
füllt das Lehrprogramm, ein systemloses Aneinanderreihen von Experimen
ten und Spielereien zieht den Dilettantismus gross und macht die Schü
lerinnen das vergessen, was sie von den Elementen nützlichen Wissens
in ihrer Kindheit erworben und in den aufgeputzten Kramläden moderner
Erziehung mitgebracht haben, den wir Privatinstitut und Pensionat und
höhere Töchterschule nennen. Der gänzlich private Unterricht ist mit
Recht die verpönteste Methode, die wir für die Heranbildung von Kna
ben kennen, eine Methode, der wir das Grossziehen von Halbwissen und
Ignoranz, von Dünkel und Eigenliebe zuschreiben. Und diese Methode,
der nur einzelne Kasten ihre Söhne opfern, diese Methode ist die einzige,
die für unsere Mädchen gilt, die einzige, die eingehalten werden kann,
weil es eben in ganz Oesterreich keine andere Schule für heranwachsende
Mädchen gibt, als solche, die sich in Händen von Privatunternehmern be
finden. Mag es einzelne Ausnahmen darunter geben; die Durchschnittszahl
solcher Institute taugt absolut nichts, und wenn wir ihre erstaunliche
Menge betrachten und die Tausende von Kindern, welche dort aus- und
eingehen, so können wir nur mit Bedauern constatiren, wie dringend ge
boten gute, wahre Schulen für die weibliche heranwachsende Jugend wären,
welche jetzt die beste Zeit ihres Lebens in einer Unterrichtsanstalt ver
bringt, deren lächerlicher, verstümmelter Lehrkram jedem Mittelschüler wie
Hohn und Spott erscheint.
Was hier von dem wissenschaftlichen Unterrichte gesagt ist, hat auch
für den Unterricht in den weiblichen Handarbeiten seine Geltung und was
da, um den Anforderungen der Eltern und Schülerinnen zu entsprechen,
an geschmacklosem Tand, an lächerlichen Erfindungen zu Tage gefördert
wird, beweisen alljährlich die Schaustellungen der Talentenprüfungen und
Scheinexamen, welche an solchen Instituten üblich sind.
Je weniger günstig, nach vielfach gemachten Erfahrungen, die Ar
beiten der Privatinstitute erwartet wurden, desto vortheilhafter präsentirten
sich die unter ihnen, welche gute, schöne, zweckentsprechende Arbeiten
brachten, von denen manche als eine Zierde der Ausstellung erschienen.