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vinzen gebracht. Aus Tirol, Steiermark, Dalmatien, Mähren, Schlesien,
Galizien und aus der Bukowina.
Tirol ist nur durch eine Arbeit aus dem Oetzthale vertreten, eine
braune reich und bunt gestickte Lodenjoppe, ein Kleidungsstück, das seit
langen Jahren im Thale in dieser Gestalt getragen und von Frauen an
gefertigt wird. Von Tambourarbeit, der weltbekannten Industrie der
Frauen Vorarlberg^, von den geklöppelten, gestrickten und gehäkelten
Spitzen, welche von Tirol aus, durch alle angrenzenden Lande und na
mentlich durch alle Provinzen Oesterreich’s wandern, ist nichts zur Aus
stellung gelangt. Zu Anfang unseres Jahrhunderts war der Reingewinn,
den die Frauen im Grödnerthale für geklöppelte Spitzen im Jahre ernteten,
mehr als 25.000 fl.; im Jahre 1853 betrug derselbe 19.000 fl. und in
neuester Zeit hat sich der gewonnene Ertrag noch mehr verringert. Ob
die Urwüchsigkeit der Arbeit und die Verfeinerung des Geschmackes der
Käufer an dieser Abnahme des Erträgnisses Schuld habe, wäre wohl zu
untersuchen und es ist höchst bedauerlich, dass uns die Ausstellung hie
zu keine Gelegenheit bot.
Aus Steiermark sind kronenartige Goldhauben, wie sie die Bäuerinnen
tragen, gestickte Kopftücher und ein Almtuch eingelangt. Das letztere
wird über den Korb gebreitet, in welchem Butter und Käse von der Alpe
nach dem Thale getragen werden und ist in rother Kreuzsticharbeit mit
einer hübschen Bordüre verziert. Dieser einfache in netter Zeichnung
ausgeführte Schmuck wird im Österreichischen Gebirge auf allem Weiss
zeuge, auf Tisch- und Handtüchern, auf Bettüberzügen angewendet. Ganz
merkwürdig ist es, wie sich dieselbe Technik, die ähnliche Art der Ver
wendung bei so vielen andern fremden Völkern wieder flndet.
In den Hausindustriearbeiten Schwedens, Russlands, in den süd-
slavischen Ausstellungen begegnen wir derselben Arbeit, oft in reizender
Weise angebracht, namentlich in Russland, wo solche Kreuzstichborduren,
mit Spitzen und Bändern wechselnd, prächtige, breite Ränder bilden, die
einen überraschend decorativen Effect hervorbringen.
Dalmatien hat gold- und silbergestickte Käppchen, gewebte Sattel
taschen, eine Knüpfarbeit aus Aloefäden, Weisstickereien und gewebte
Teppiche gebracht.
Mähren hat mannigfache Bunt- und Weisstickereien, Strick-, Häkel-
und Filetarbeiten gebracht, nationale Kleidungsstücke, gestickte Schürzen,
Kopftücher, Leibchen u. s. w. Darunter sind die dicken, schwarzblauen
Wollstrümpfe, welche erst gestrickt, dann gefärbt und gewalkt werden
und in schweren, groben Falten starren. Kleine mit Perlen gestrickte
Kinderhäubchen und Jäckchen wurden eingesandt, welche in den ganz
armen Bezirken Mähren’s theils für den Verkauf, theils für den Gebrauch
im Hause von den Bäuerinnen angefertigt werden. Diese Arbeiten werden
von Hausirern einzeln angekauft, dann im Grossen nach Baiern und nach
Pest versandt, von welchem letzteren Orte sie als ein beliebter Handels
artikel nach der Türkei wandern.