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oder zu Nutzen und Frommen anfertigen, wird der Ueberschuss zum Ver
kaufe gebracht. An Markttagen, wenn sich die Bevölkerung der Umge
gend auf dem Marktplatze der kleinen Stadt concentrirt und die wohl
habendere Bauersfrau dort ihre Einkäufe besorgt, geht ihre ärmere Col-
legin zwischen den hölzernen Buden ab und zu, und bietet ihr die Ar
beiten der eigenen Hand, die gestickten Oberhemden, die groben Tücher,
die schwarzen buntberänderten Schürzen an, Dinge, die nach langem Feil
schen um einen Spottpreis hintangegeben werden. Als eigentlicher Han
delsartikel gehen diese Hausindustrie-Arbeiten nicht.
Wenn wir alle die Gegenstände überschauen, welche hier zur Aus
stellung gelangten und das Resultat nationaler, weiblicher Hausindustrie
repräsentiren, so wird es uns klar, dass es mit eben dieser Industrie zu
Ende geht. Ausser den geklöppelten Spitzen und den Weisstickereien sind
alle diese Arbeiten streng an das Costume der Frauen im Lande, an
Sitte und Brauch gebunden. Von diesen letzteren ist das Meiste im Er
löschen und von der Landestracht fällt Stück um Stück vor dem regeren
Verkehr mit der Aussenwelt, der jedes Abzeichen besonderer Art langsam
vernichtet. Am längsten dürften noch die Stickereien und Gewebe in
Galizien und der Bukowina Vorhalten, welche auch hier an der Ausstel
lung das reichste, bunteste und eigenthümlichste Bild abgeben.
Von der mühevollen Technik der Weisstickereien und Näharbeiten,
wie sie andere Länder, namentlich Dänemark und Schweden, als Proben
der dortigen weiblichen Hausindustrie aufzuweisen haben, von den origi
nellen, stylgerechten Zeichnungen hat Oesterreich nichts gebracht.
In den Ländern wie Mähren und Schlesien und Steiermark sehen
die meisten Weisstickereien wie die Arbeiten von Städterinnen aus und
die Buntstickereien nicht minder. Galizien und die Bukowina nur, haben
die Originalität ihres nationalen Geistes in den Frauenarbeiten des Lan
des bewahrt; da schimmert und glänzt und funkelt noch der Schmuck, den
die Frau sich selbst zur Zier erfunden, da schaut uns noch die ungezügelte
und ungekünstelte Phantasie entgegen, die in kindischer Lust und Pracht
liebe bunte Blumen, Seide, Gold und Silber auf das einfache grobe Lin
nen streut.
Von diesen glänzenden Effecten, die da zu Stande gebracht sind,
von der eigenthümlichen orientalischen Technik der Stickerei, sowie von
dem Schmuck des Weisszeuges, wie er in Steiermark, in Oberösterreich
üblich ist, von den bunten Kreuzstich-Lisieren, von den Zeichnungen, die
Mähren auf den Hemdbesätzen und den Vela gebracht, wäre wohl viel
für die moderne Industrie zu erhalten und von Frauenhand nachzumachen.
Es haben solche Werke weiblicher Kunstfertigkeit nicht umsonst sich
durch Jahrhunderte in Technik und Erscheinung rein und unverfälscht er
halten. Es liegt der gute Kern wahrer, ursprünglicher Schönheit in ihnen,
die sie auszeichnet und adelt.
Wenn wir den Zweck, den die österreichische Ausstellung von
Frauenarbeiten erzielen sollte, zum Schlüsse noch einmal in’s Auge fas-
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