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Volltext: Die österreichische Special-Ausstellung der Frauenarbeiten auf der Wiener Weltausstellung

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sen, so sehen wir, dass sie diesen Zweck reichlich erfüllt hat. Sie hat 
uns die Schulen des Landes vorgeführt, sie hat uns einen Einblick ge 
währt in ihren Lehrgang, sie hat uns ihre Leistungsfähigkeiten klar ge 
macht, ihre Vorzüge und ihre Fehler. Sie hat uns Gelegenheit zum Ver 
gleiche geboten und damit das erste und wichtigste Mittel zum Fortschritte 
und zum Erkennen des Bessern an die Hand gegeben. 
In den Arbeiten der Dilettantinnen hat sie einen reichen Schatz von 
glänzenden Leistungen, von Versuchen, von traditionellen Kunstwerken 
gebracht. Sie hat das kleine unbedeutende Gewebe neben die seit Jahr 
hunderten gepflegten Arbeiten von meisterhafter Technik hingestellt und 
dadurch den Frauen den Werth und die Bedeutung ihrer Leistungen er 
sichtlich gemacht. Sie hat den Geschmack der Jetztzeit nachgewiesen, auf 
welchen Bahnen sich die Frauenarbeit derzeit bewegt, was sie von früher 
bewahrt und herübergenommen, was sie neu gewonnen und hinzugefügt 
hat. Der Arbeiterin hat sie ein reiches Feld der Nachahmung eröffnet, 
manche Anregung und Ermuthigung geboten und durch manche zurück 
gewiesene Arbeit ihr den Weg gezeigt, den guter Geschmack und Schön 
heitssinn nicht überschreiten darf. 
Im Vergleiche mit anderen Ländern hat die Ausstellung der österrei 
chischen Frauenarbeiten uns mit gerechtem Stolz erfüllt; keine der ab 
geschmackten Verirrungen sind da zu Tage getreten, die dort oft reichlich 
zu finden waren. Phantasie, Freude an blühender Schönheit leuchten aus 
der Mehrzahl der Arbeiten heraus. Durch die Ausstellung der Arbeiten 
der nationalen Hausindustrie sind wir mit mancher Frauenthätigkeit be 
kannt geworden, die fern und ungesehen sonst fremd von unserem 
Wege liegt. 
Der Industriefleiss einzelner Städte, das mühevolle Hinfristen von 
Tag zu Tag, wie es durch die ungünstigen Verkehrsmittel ganze Bevöl 
kerungen trifft, das stille Schmücken und Zieren, um dem Unscheinbaren 
Werth und Glanz zu verleihen, die harte schwere Webearbeit von Frauen 
hand, die golddurchwirkten Schleier mit den bunten Blüthchen darin, 
Alles was uns mit diesen Arbeiten entgegentritt, regt Gedanken um Ge 
danken an, wie sie uns Culturmenschen nur aus einer fremden Welt 
kommen. Wenn von den Dingen, die da gebracht wurden, etwas in 
Technik, in Farbe und Zeichnung erhalten wird, so kann dies nur durch 
solche Ausstellungen geschehen, wo ihre Schönheit, ihre Ursprünglichkeit 
erkannt und Gemeingut der Mitwelt werden kann; — die Gefahr, dass 
sie in Einsamkeit und Vergessenheit für immer verschwinden und be 
graben werden, rückt immer mehr heran. 
Solche Erkenntniss, solche Anregung und den dadurch gebotenen 
Nutzen hat die Ausstellung Betheiligten gebracht. Dem Laien, dem vor 
übergehenden Besucher war sie ein schönes, buntes Bild, aus dem er 
Belehrung schöpfen — oder, wenn nicht, doch eine freundliche Erinne 
rung an das Gesehene für’s Leben mitnehmen konnte. 
MAK-Bibliothek 
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