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Volltext: Die österreichische Special-Ausstellung der Frauenarbeiten auf der Wiener Weltausstellung

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ist, so hat die Lehrerin daran zu halten wie an einem unverbrüchlichen 
Gesetze. Auch die Arbeitsschule muss so gestaltet sein, dass sie den 
Eltern imponirt und dass diese keinen Eingriff in ihren Gang wagen; 
und dies ist nur durch Ordnung, durch strenges Einhalten des gegebenen 
Lehrplanes möglich. Dass sich der Mangel dieses Einhaltens nicht blos 
in den grossen Städten, sondern auch in den Schulen am Lande geltend 
macht, ist aus den Berichten zu ersehen, die wir aus Tirol, aus Karnthen 
in Händen haben. Aus diesen ist ersichtlich, wie schwer die Lehrerinnen 
durch die Planlosigkeit des Unterrichtes mit den an sie gestellten Anfor 
derungen zu kämpfen haben. Jedes Kind bringt ein anderes Arbeitsma 
terial zur Schule; das eine strickt, das andere häkelt, das dritte stickt, 
näht, macht Filetguipure, Frivolitäten u. s. w. je nach dem Gelüste der 
Kinder und den Ansprüchen der Eltern; natürlich werden diese Arbeiten 
alle schlecht gemacht, da die Lehrerin den chaotischen Vorgang nicht 
übersehen kann, und die Schulstunde geht vorüber, ohne dass die Schü 
lerin in ihren Kenntnissen um eine Haarbreite weiter gerückt ist. 
Dem Zeitausmasse und den Arbeitszweigen nach muss ein feststehen 
der Lehrplan, natürlich den localen Verhältnissen einzelner Provinzen und 
einzelner Landstriche angepasst sein. Im Gebirge, wo die kleine Tochter 
frühzeitig die Gehilfin der Mutter werden muss, wo der Schulbesuch 
durchschnittlich ein viel kürzerer ist als ihn die bequemen Verkehrsmittel 
der Städte in jeder Jahreszeit zulassen, muss der Unterricht sich viel kür 
zer fassen und vor Allem, je nach den Bedürfnissen des gewöhnlichen 
Lebens, einzelne Arbeitsfächer besonders betonen. 
In Schweden bringen die Schülerinnen der Volksschule Flachs und 
Garn zu den Unterrichtsstunden und lernen ,da spinnen und weben. In 
Tirol und Kärnthen tragen die Kinder die alten Kleider ihrer Eltern und 
Geschwister zur Schule, um das abgenützte Zeug dort ausbessern zu ler 
nen und neugestaltet nach Hause zu bringen. Solchem Fingerzeige muss 
die Schule Rechnung tragen. Ohne die Kunstfertigkeit des Nähens ist eine 
Mutter, eine Hausfrau, eine Magd am Lande ganz entsetzlich armselig 
daran; die Ordnung im Hause, die Nettigkeit der Kinder hängt zum 
grössten Theile davon ab, ob die Mutter die Nadel zu führen versteht; 
in den Schulen am Lande ist daher als wichtigster Gegenstand des Unter 
richtes das Nähen und Ausbessern einzuführen. 
Ein ganz vortreffliches Lehrprogramm hat eine Industrieschule 
aus dem Aargau zur Ausstellung gebracht. Dasselbe lautet: 
I. Classe: Anfangsgründe des Strickens; Stricken der Strümpfe. 
II. Classe: Fortsetzung; Anstricken, Nähen, Vorstich, Hinterstich, 
Steppstich, Saumstich, Endelstich. 
III. Classe: Stricken, Wiederholung, Piquetmuster; Nähen: Kinder- 
und Mädchenhemden, einfache Nutzgegenstände. 
IV. Classe: Strickübung (Nebenarbeit), Stopfen, Einstricken der 
Ferse; Maschenstich, Pa^entstich, Muster einfacher Art, Merken: 2 Alpha-
	        
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