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bete und die Grundzahlen. Nähen: Frauenhemden, Bettwäsche, Ausbessern
des Weisszeuges.
V. Classe: Strickübung (Nebenarbeit), Wiederholung des in der
vorigen Classe Erlernten. Nähen: Knaben- und Männerhemden, Ausbes
serungen verschiedener Art und deren Anwendung an Weisszeug und
Kleidern. Häkelstiche, Zuschneiden von Wäsche.
VI. Classe: Stricken (letzte Vervollkommnung). Nähen: Männer
hemden, Kleidungsstücke, Ausbessern, Verweben, Vorstechen, Einsetzen;
Zuschneiden von Weisszeug. Kenntniss sämmtlicher bei den weiblichen
Handarbeiten vorkommenden Stoffe. Haushaltungskunde.
Der Unterricht an den Volksschulen Wien’s hat durch längere Zeit
an einem Provisorium des Lehrprogrammes gekränkelt, welches sich in
den eingesandten Arbeiten geltend machte; seit einigen Monaten ist das
letztere festgestellt und es dürfte nunmehr nur an dem Ernste, mit dem
es eingehalten wird, liegen, um ein günstigeres Resultat des Unterrichtes
zu Stande zu bringen. Dass dieser Ernst nur durch kräftige, sachver
ständige Ueberwachung erzielt werden kann, ist selbstverständlich.
Ein anderes und das schwerste Hinderniss, das derzeit noch dem ge
wünschten Erfolge der Arbeitsschule im Wege steht, ist der Mangel an
tauglichen Lehrerinnen; dieser letztere wird in den Berichten aus Schle
sien, aus Kärnthcn, aus Oberösterreich betont, ln vielen Landschulen er-
theilt die Frau, die Tochter des Lehrers gegen ein kleines Honorar, oft
(was am wenigsten zweckentsprechend ist) aus blosser Gefälligkeit den
Unterricht in den weiblichen Handarbeiten; in Kärnthen, wo ähnliche Ver-
hältnisse Platz greifen, wurde der Unterricht an einzelnen Schulen wieder
sistirt, weil solche Lehrerinnen mit ihren Gatten oder Vätern übersiedelten
und sich kein Ersatz für die bisherige Lehrkraft fand; in Oberösterreich
haben alle Candidatinnen, welche sich bisher dem Arbeitslehrerinnen-Exa-
men bei der Linzer Prüfungs-Commission für Volks- und Bürgerschulen Q
unterzogen, den technischen Theil der Prüfung mit befriedigendem, in
Haushaltungskunde und noch mehr in Pädagogik, mit höchst ungenügen
dem Erfolge bestanden.
Es ist keine Frage, dass vor Allem die Lehrerin den Zweck des Un
terrichtes erreichbar machen, den Bestand einer Schule sichern kann. Für
Stunden des Tages ist eine Schaar von Kindern auf ihre Gesellschaft an
gewiesen ; Geduld, Liebe zur Arbeit, Ordnungssinn müssen sie von der
Lehrerin erwerben, wenn sie dieselben nicht vom Hause mitbringen. Der
Natur vieler weiblicher Arbeiten nach bleibt der junge Geist nur halb
beschäftigt, während die Hände Stich an Stich und Masche an Masche
reihen. Für diesen jungen, aufkeimenden, empfänglichen Geist sollte die
Lehrerin Beschäftigung wissen durch Erzählung, durch Beispiel anregend
wirken und ihm namentlich nicht Müsse zu nutzlosem Gedankenaustausche
lassen.