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Grödner und dem Zillerthale, sind ebenfalls überall anzutreffen. Alle drei
Productionsgebiete des Landes, Deutschtirol, Wälschtirol und Vorarlberg,
waren auf der Ausstellung vertreten, welche in den schönen Räumen des
Innsbrucker Pädagogiums abgehalten wurde. So verschieden die politischen
Parteien in Tirol sind, so fanden sich doch diesmal Nordtiroler, Südtiroler
und Vorarlberger dort einträchtig zusammen; das richtige Gefühl der
Selbsterhaltung führte die Industriellen auf den gemeinsamen Boden nach
Innsbruck. Es wurde selbst von Einheimischen bemerkt, dass die dies
jährige Ausstellung nicht als eine Partei-, sondern als eine Landesange
legenheit behandelt wurde und dass sich die Gegensätze der politischen
Parteiungen des Landes bei diesem Anlasse in keiner Weise bemerkbar
machten. Dieser Strömung der öffentlichen Meinung entsprechend hat auch
die Ausstellung in allen Blättern des Landes Anklang gefunden, und bei
dem schönen Erfolg derselben darf man nicht zweifeln, dass, wenn in
einigen Jahren vielleicht in denselben Räumen wieder eine gewerbliche
Ausstellung stattfindet, das Land Tirol reicher, glänzender und auch voll
ständiger vertreten sein wird, als es dieses Mal der Fall war.
Die eminente künstlerische Begabung der Bewohner Tirols kommt
in verschiedener Weise zum Ausdruck. Je näher man das Volksleben
in Tirol kennt, desto mehr staunt m$n über die Findigkeit der Bewohner
sich Erwerbsquellen zu schaffen, Industrien zu beleben, die bestehenden
Verhältnisse auszunützen und für ihre Producte sich einen Markt zu
sichern. Bekannt sind die Teppiche aus Kuhhaaren, die meist im Puster-
thale angefertigt, und von den Deffreggern nach der ganzen Welt getragen
werden. So ist es mit den Hüten aus dem Selrainer Thale, so mit der
Holzschnitzindustrie im GrÖdnerthale, mit den Filigranarbeiten im Arn-
pezzothale, mit den Eisenarbeiten im Stubaithale, mit den Spitzen in
Proveis u. s. f. Das hübsche Buch von Dr. v. Hörmann über die »Tiroler
Volkstypen«*) gibt zahlreiche Beispiele. Es ist daher begreiflich, dass
jetzt, wo man den Kunstgewerben wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit
zuwendet, in Tirol eine Reihe von Fachschulen gegründet worden sind,
die mehr oder weniger schon in der einheimischen Industrie wurzeln und
deren Aufgabe es ist, diese Industrie zu veredeln und sie dem Weltmärkte
zuzuführen. In Cles, in Cortina d’Ampezzo, in Tione, in St, Ulrich, in
Laas, in Predazzo, in Proveis, in Feldkirch, in Imst existiren solche vom
Handelsministerium gegründete Schulen. In Innsbruck ist eine grössere
gewerbliche Zeichen- und Modellirschule vom Unterrichtsministerium in
das Leben gerufen worden. Der Tiroler hat auch Sinn für die künst
lerische Ausstattung in Haus und Kirche, so dass sich in diesem Alpen
lande der Hausbau, insbesondere das Wohnhaus des Landbewohners,
eigenthümlich gestaltet hat. Die Aufnahme von charakteristischen Bauern-
*) Tiroler Volkstypen. Beiträge zur Geschichte der Sitten und der Klein
industrie in den Alpen von Dr. L. v. Hörmann. Wien, bei C. Gerold’s Sohn, 1877.