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Volltext: Kunst und Kunstgewerbe in Tirol : aus Anlass der kunstgewerblichen Ausstellung in Innsbruck im August 1878. Vortrag gehalten am 14. November 1878 im österr. Museum

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Grödner und dem Zillerthale, sind ebenfalls überall anzutreffen. Alle drei 
Productionsgebiete des Landes, Deutschtirol, Wälschtirol und Vorarlberg, 
waren auf der Ausstellung vertreten, welche in den schönen Räumen des 
Innsbrucker Pädagogiums abgehalten wurde. So verschieden die politischen 
Parteien in Tirol sind, so fanden sich doch diesmal Nordtiroler, Südtiroler 
und Vorarlberger dort einträchtig zusammen; das richtige Gefühl der 
Selbsterhaltung führte die Industriellen auf den gemeinsamen Boden nach 
Innsbruck. Es wurde selbst von Einheimischen bemerkt, dass die dies 
jährige Ausstellung nicht als eine Partei-, sondern als eine Landesange 
legenheit behandelt wurde und dass sich die Gegensätze der politischen 
Parteiungen des Landes bei diesem Anlasse in keiner Weise bemerkbar 
machten. Dieser Strömung der öffentlichen Meinung entsprechend hat auch 
die Ausstellung in allen Blättern des Landes Anklang gefunden, und bei 
dem schönen Erfolg derselben darf man nicht zweifeln, dass, wenn in 
einigen Jahren vielleicht in denselben Räumen wieder eine gewerbliche 
Ausstellung stattfindet, das Land Tirol reicher, glänzender und auch voll 
ständiger vertreten sein wird, als es dieses Mal der Fall war. 
Die eminente künstlerische Begabung der Bewohner Tirols kommt 
in verschiedener Weise zum Ausdruck. Je näher man das Volksleben 
in Tirol kennt, desto mehr staunt m$n über die Findigkeit der Bewohner 
sich Erwerbsquellen zu schaffen, Industrien zu beleben, die bestehenden 
Verhältnisse auszunützen und für ihre Producte sich einen Markt zu 
sichern. Bekannt sind die Teppiche aus Kuhhaaren, die meist im Puster- 
thale angefertigt, und von den Deffreggern nach der ganzen Welt getragen 
werden. So ist es mit den Hüten aus dem Selrainer Thale, so mit der 
Holzschnitzindustrie im GrÖdnerthale, mit den Filigranarbeiten im Arn- 
pezzothale, mit den Eisenarbeiten im Stubaithale, mit den Spitzen in 
Proveis u. s. f. Das hübsche Buch von Dr. v. Hörmann über die »Tiroler 
Volkstypen«*) gibt zahlreiche Beispiele. Es ist daher begreiflich, dass 
jetzt, wo man den Kunstgewerben wieder eine erhöhte Aufmerksamkeit 
zuwendet, in Tirol eine Reihe von Fachschulen gegründet worden sind, 
die mehr oder weniger schon in der einheimischen Industrie wurzeln und 
deren Aufgabe es ist, diese Industrie zu veredeln und sie dem Weltmärkte 
zuzuführen. In Cles, in Cortina d’Ampezzo, in Tione, in St, Ulrich, in 
Laas, in Predazzo, in Proveis, in Feldkirch, in Imst existiren solche vom 
Handelsministerium gegründete Schulen. In Innsbruck ist eine grössere 
gewerbliche Zeichen- und Modellirschule vom Unterrichtsministerium in 
das Leben gerufen worden. Der Tiroler hat auch Sinn für die künst 
lerische Ausstattung in Haus und Kirche, so dass sich in diesem Alpen 
lande der Hausbau, insbesondere das Wohnhaus des Landbewohners, 
eigenthümlich gestaltet hat. Die Aufnahme von charakteristischen Bauern- 
*) Tiroler Volkstypen. Beiträge zur Geschichte der Sitten und der Klein 
industrie in den Alpen von Dr. L. v. Hörmann. Wien, bei C. Gerold’s Sohn, 1877.
	        
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