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Vintschgau und Sterzing ist andern Marmorgattungen nicht blos rück
sichtlich seiner Schönheit gleichzustellen, sondern er übertrifft die letzteren
sogar durch seine grosse Dauerhaftigkeit. Wer die Triumphpforte am Aus
gange der Maria-Theresienstrasse in Innsbruck betrachtet, die im Jahre
1765 errichtet wurde, sieht, welche Schönheit der Tiroler Marmor beibe
hält und welche Dauerhaftigkeit derselbe hat. Die grossen Figuren von
Bernini, die in Carrara-Marmor ausgeführt, die Engelsbrücke in Rom
zieren, sind ganz schwarz geworden; man erkennt kaum die Modellirung.
Die grossen Apostelfiguren Petrus und Paulus unmittelbar vor der Peters
kirche sind heutigen Tags nach wenigen Jahrzehnten theilweise schon von
schwarzen Pilzen überzogen und werden in wenigen Jahren ebenso wenig
kenntlich sein, wie die Figuren auf der Engelsbrücke. Die Figuren und
Reliefs an der Triumphpforte in Innsbruck dagegen leuchten noch heute
im vollen Glanze, trotz der dortigen Witterungsverhältnisse und trotzdem
dieselben an der Wetterseite liegen. Nirgends zeigen sich jene gefährlichen
Pilzbildungen, denen der Carrara-Marmor unterworfen ist. Auf dem Fried
hofe zu Meran und auf anderen Tiroler Friedhöfen kommen Grabdenk
mäler aus dem 16. Jahrhundert vor und noch zeigt sich keine Spur einer
Veränderung an denselben. Man sollte glauben, dass in einem Lande,
welches ein so kostbares Material in einer solchen Menge besitzt, die Aus
beutung desselben anzutreffen sein müsste, und dass besonders in jenen
Thälern, in welchen die Marmorbrüche sich befinden, ein grosser Wohl
stand sich bemerkbar machen sollte. Und doch, wie mühsam arbeiten sich
jene Industriellen durch, welche in diesen Gegenden die Marmorbrüche
eröffnet haben. Wir haben seit den Zeiten der Kaiserin Maria Theresia
nach dieser Richtung hin volkswirthschaftlich nur sehr geringe Fortschritte
gemacht. Damals war eine Zeit der Blüthe für die österreichische Marmor
industrie, seither sind wir hierin von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zurückge
gangen und haben den wälschen Händlern mit Carrara-Mamor die Wege
geebnet. Erst jetzt ist eine kleine Besserung bemerkbar. Der Trientiner
Marmor wird allerdings industriell rationeller ausgebeutet und wird jetzt
in Wien vielfach verwendet; die Walschtiroler entfalten ein grösseres kauf
männisches und industrielles Geschick, als die Deutschtiroler. Allerdings
ist der Trientiner Marmor vorzugsweise nur für architektonische Zwecke
brauchbar und nicht in gleichem Masse witterungsbeständig als anderer
Tiroler Marmor.
Unter den Trientiner Marmorarten verdient der gelbe eine besondere
Beachtung; er ist ein reizendes Material für Decorationsarbeiten, wie man
es am Cafe Grabhofer in Innsbruck sehen kann. Der weisse und der
rothe Trientiner Marmor bewährt sich nicht überall gleich. Der Schaft
der Annasäule in Innsbruck musste ausgewechselt werden. Ob der rothe
Stein am Margarethen-Brunnen sich bewähren wird, muss man der Zu
kunft überlassen. Der Gramsacher Marmor bei Brixlegg ist nicht im
Handel. Der weisse Marmor in Laas und Schlanders hat vollkommenere