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Volltext: Die Glasindustrie (Gruppe IX, Section 3), offizieller Ausstellungs-Bericht

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Jakob Falke. 
von franzöfifchen Fabrikanten nicht vertreten war. Die erfte Art des farbig deco- 
rirten Glafes, die rein ornamentale, hat viel mehr Eigenthümlichkeit bewahrt, als 
das foeben befprochene gefärbte Glas. Die Urfache liegt wohl darin, dafs fie fich 
befonders an die fogenannte altdeutfche Art der mit Emailfarben verzierten 
Trinkgläfer, welche vom XVI. bis zum XVIII. Jahrhundert in Uebung Händen, 
angefchloffen hat. Eine grofse Anzahl der öfterreichifchen Glasfabriken cultiviren 
diefes deutfche Genre und verzieren ihre Arbeiten nach alter Weife mit Orna 
menten, Wappen, Adlern, Einzelfiguren, Infchriften u. f. w. Man wird aber noch 
immer durchgängig einen doppelten Unterfchied zwifchen den neuen und den 
alten Gläfern finden: jene find erftens in der Maffe zu grün und zweitens in den 
Farben zu hart. Sollen unfere Imitationen den alten Vorbildern an künftlerifchem 
Reize gleichkommen, fo müffen fie nach einer milderen Harmonie trachten. Das 
alte deutfche Glas war, man kann fagen, mehr nicht entfärbt, als pofitiv gefärbt. 
Dasfelbe gilt von den fogenannten Römern; die modernen find ebenfalls in den 
meiften Fällen zu grün. 
Auf das Genre der altdeutfchen emaillirten Gläfer braucht fich aber das 
farbig decorirte Glas nicht zu befchränken, noch befchränkt es fich darauf. Die 
Ausftellung zeigte gar mannigfache Verfuche, es zu erweitern, theils in Verbin 
dung mit gefärbtem Glas, theils in Verbindung mit KryftalJglas. So hatten die 
Gebrüder K r a u f-e in Steinfchönau die Alhambra-Ornamentation benützt, doch 
war die Wirkung der damit in Blau, Roth und Gelb überzogenen Gefäfse eine zu 
grelle. Beller waren die fchon erwähnten blauen Gefäfse mit weifsem Linien 
ornament bei R eich & Comp, und J. & L. Lob meyr. Letztere hatte vielfach 
altvenetianifche Motive verwendet, diefs Genre neu zu beleben, fo das goldene 
Schuppenornament oder ein weifs und goldenes Flechtwerk. Auch farbenreiche 
indifche und perfifche Motive waren auf grofsen Glasvafen verfucht. Nicht minder 
intereffant war die Wiederaufnahme verfchiedener Verzierungsweifen des XVIII. 
Jahrhunderts, fo insbesondere jener fchwarzen Ornamente nebft kleinen Scene- 
rien, welche die Arbeiten Schaper’s in Nürnberg unter den Kunftfreunden 
berühmt gemacht haben. In all diefem erkannte man mit Vergnügen das Beftre- 
ben, neue und richtige Bahnen aufzufuchen und fo auch diefem Zweige der Glas- 
induftrie eine edlere Haltung zu geben. 
Nicht das Gleiche kann man von den mit Gemälden verzierten Gefäfsen 
fagen, welche man bisher als die höchften Kunftleiftungen der Glasindultrie nach 
dem Beifpiele der Franzofen zu betrachten pflegte. Das Genre, wie es ift, kann 
eigentlich nicht verändert, nur in der Malerei verbeffert werden. Sein Fehler ift; 
feine Exiftenz. Ein Gemälde auf transparentem Glas wird geftört in feiner Ruhe 
durch die Reflexe in feiner Umgebung; auf opakem Glas aber tödtet es die Eigen 
thümlichkeit des Glafes und ift blofse Nachahmung der Porzellanmalerei. Zudem 
widerftrebt ein anfpruchsvolles Bild auf dem Gefäfs dem Princip ; es beeinträch 
tigt die Form und die berechtigte Decoration. 
Doch laßen wir das Princip. Die böhmifche Induftrie hatte fich mit grofsen 
Figurenmalereien auf koftbaren, zum Theil koloffalen Vafen alle erdenkliche 
Mühe gegeben und viele hatten Grofses darin zu leiden verfucht. An ihrer Spitze 
fteht die Firma von A. Pe likan in Hayda, die viel hohe Kunft auf dem brech- 
lichen Glafe treibt. Ihr zunächft fteht Grohmann & Comp, ebendort, welche 
insbefondere eine Reihe bunter Vafen mit den Bruftbildern fchöner Damen aus- 
geftellt hatte, dann aber auch mit Landfchaften, Vögeln u. f. w. Aehnliche Vafen 
mit Malereien in Köpfen und Bruftbildern zeigte J. Ahne in Steinfchönau. Auch 
die Gebrüder Kr aufe führten uns Landfchaften vor, fowie Stelzig, Kittel 
und Comp, (beide in Steinfchönau) Genrefcenen und andere bunte Bilder auf 
Beinglas. So fehr man bei allen diefen Arbeiten Mühe und Kunft anerkennen 
mufs, fo leiden fie doch an dem gemeinfamen Fehler, dafs fie ihr Material nicht 
bedenken, dafs fie zu felbftftändig Kunft find. Die Gemälde werden daher zu 
hart, zu kräftig, zu bunt. Es ift ganz derfelbe Fehler bei den Malereien auf
	        
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