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Volltext: Die Glasindustrie (Gruppe IX, Section 3), offizieller Ausstellungs-Bericht

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Jakob Falke. Das deutfche, ruffifche und franzöfifche Glas. 
ift hier eine ähnliche Uebertragung gefchehen, wie in der Goldfchmiedekunft. 
Die Formen diefer Gefäfse find meift fteif und gradlinig, und auch dafür find die 
Motive im Holz zu fuchen, in den hölzernen Gefäfsen, deren fich der ruffifche 
Bauer bedient. Das Genre ift fomit wohl intereffant und beachtenswerth, aber 
nicht allzu originell, noch befonders reizvoll. 
Hat die ruffifche Fabrik von den alten orientalifchen Glasgefäfsen das 
Motiv genommen, fo war das Intereffantefte, was Frankreich an Glas zur Wie 
ner Weltausftelhmg gefendet hatte, eine direkte, in den meiften Fällen ganz 
genaue Copie derfelben. Diefe orie ntalifchen Glasgeräthe, meift Mofcheelampen, 
feltener flafchenartige Gefäfse oder Schalen, find eine gefuchte, theuer bezahlte 
Antiquität. Diefer Umftand hat einen Parifer Künftler, B r o c a r d, veranlafst, fie 
getreu nachzuahmen, und mit diefen Copien, die eine anfehnliche Vitrine füllten, 
ift er auf unterer Weltausftellung erfchienen. Die Gegenftände find in verfchie- 
dener Beziehung intereffant. Einmal bieten fie in der Genauigkeit des ftark erha 
benen Farbenauftrags technifche Schwierigkeit, welche von Brocard vortrefflich 
überwunden erfcheint; fodann enthalten fie meift originelle und vorzügliche For 
men und Ornamentationen, die verwerthbar find, und drittens fleht der Kunft- 
freund in ihnen genaue Copien feltener und zum Theil berühmter Gegenftände, 
die ihm fonft, weil im Privatbefitz, nicht zu Gefleht kommen würden. Augenblick 
lich ift das Hauptintereffe an diefen Gegenftänden noch das antiquarifche, aber 
es ift fchon öfter (z. B. bei den Fayencen) gefchehen, dafs das antiquarifche 
Intereffe fich in ein eminent induftrielles verwandelt hat. Bei der Lebhaftigkeit, 
mit welcher die Franzofen das Neue zu ergreifen pflegen, ift es auch hier 
möglich. 
Von den übrigen franzöfifchen Glasarbeiten wollen wir wenigftens noch 
einer Specialität gedenken, der matt und farbig geätzten Glastafeln von J. Dop- 
ter & Co. in Paris. Die Gefäfse in gefchliffenem Glafe der Verreries de la Loire 
et du Rhone zu Rive de Gien waren völlig unbedeutend, während St. Gobain 
wenigftens gutes Kathedralglas für farbige Fenftergemälde gebracht hatte. Die 
Luflres mit Kryftallglas bei Barbedienne, deren wir fchon oben gedacht haben, 
gehören m ehr in die Bronze-Induftrie, als in die Glasfabrikation, aber einige 
Spiegel mit Rahmen erregten noch unfere Aufmerkfamkeit. Zwar gab es darunter 
fehr Verfehltes, z. B. einen koloflalen Spiegel von Alexandre jeune in Paris, 
deffen Rahmen ganz naturaliftifch von farbigem Glafe gebildet war, mit Palm 
zweigen, die frei heraustraten, und mit verfilberten Bronzefiguren dazwifchen, die 
Luftres trugen. 
Es war eine Monftrofität, wie fie zuweilen dem franzöfifchen Gefchmack 
pafliren kann. Dagegen hatte eine andere franzöfifche Firma, Loremy Gri- 
fe y & Co., einige Spiegel mit Glasrahmen ausgeftellt, die, gleich ausgezeichnet 
in ConftrudHon und Ornament, mit zu den reizendften Arbeiten auf der Ausftel- 
lung gehörten. In reiner Renaiffance gehalten, waren fie wieder ein Zeichen, 
dafs auch auf diefem Gebiete die Franzofen zu einem edleren Gefchmack zurück 
kehren. Sie liefsen nur bedauern, dafs die franzöfifche Glasausflellung fo fehr 
dürftig ausgefallen war und insbefondere im modernen Tafelgeräth auch gar 
nichts geliefert hatte, was nur der Rede werth fich zeigte.
	        
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