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L. Lobmeyr.
welche, weil zuerft meift Mouffelinmufter darauf getupft wurden, noch heute,
wenn fie auch mit den verfchiedenften anderen Verzierungen bemalt find, oft als
Mouffelintafeln bezeichnet werden. Man erzeugt fie in vortrefflicher Güte in allen
gröfseren Städten Frankreichs, befonders in Paris, ferner in Belgien, in grofser
Anzahl auch in Deutfchland, wie in München, Berlin u. a. O., endlich auch in
Wien, wofelbft fie übrigens bis jetzt nur mäfsige Anwendung finden.
Frankreich und Belgien brachten auch Mufter von farbigen und weifsen
Tafeln, in welche Streifen, Kreife und dergleichen ftreng geometrifche Zeich
nungen mittelft Mafchinen eingefchliffen waren, welches Verfahren kaum als Fort
fchritt zu bezeichnen fein dürfte, da das Aetzen eine viel freiere, feinere Behand
lung der Zeichnung zuläfst und kaum theuerer zu flehen kommt.
Cathedralglas.
Als man im frühen Mittelalter begann bunte Kirchenfenfter herzuftellen,
befand fleh die Erzeugung farbiger Glastafeln noch fehr in der Kindheit. Man
konnte damals — und verftand es nach fehr, fehr langer Zeit nicht beffer nur
ungleich dickes, unreines, nämlich blafiges, theils trübes Glas zu Stande bringen,
das freilich oft die tiefften und prachtvollften Farbentöne aufwies. Die nur klei
nen Mafse, in welchen das Produdt erzeugt werden konnte, nöthigten die Ver-
glafung aus unzähligen kleinen Stücken zufammenzufetzen, ein Umftand, der auf
die hiezu gewählten Zeichnungen von entfcheidendem Einflüße war.
Man vervollkommte allmälig die Produkte, vollends in unterem Jahrhun
dert war die Farbentafel-Fabrikation bedeutend vorgefchritten. Sie lieferte reine,
völlig klare, grofse Scheiben, in der ganzen Maffe gefärbt, oder aus weifsem, nur
mit einer Farbfchichte überzogenem Glafe, „Ueberfangtafeln“, von welch’ letz
teren die Farbe ftellenweife abgefchliffen werden konnte, wodurch eine freiere
Behandlung der Zeichnung, das Vermeiden des kleinen Mofaiks und befonders
der vielen Bleiverbindungen möglich und gebräuchlich wurde.
In der letzteren Zeit — die Weltausftellung 1867 in Paris zeigte viele derlei
aus England gelendete Proben (wie von Hardmann & Co. in Birmingham) —
kam man felbft dahin, mittelgrofse Kirchenfenfter mit nur einer rohen, weifsen
Gufsplatte, übergrofse mit 2 oder 3 derlei Platten zu verglafen, und diefe nach
Art der älteren Glasmalereien, mehr oder weniger in mufivifchem Charakter, zu
bemalen, wobei freilich auf befondere Farbenpracht verzichtet werden mufste,
die in diefer Technik nicht zu erreichen ift.
Schon zur Zeit, als man zu Glasbildern reinere, gröfsere Farbentafeln ver
wendete, trat in dem Stile der Malerei eine bedeutende Wandlung ein. Man ging
von der mofaikartigen Behandlung des Ganzen, der flreng contourirten ftatua-
rifchen Zeichnung, welche die alten Kirchenfenfter zeigen, immer mehr ab und
näherte fleh ftets entfehiedener der Oelmalerei. Diefs gefchah insbefonders in
neuerer Zeit feit der Wiederaufnahme der Glasmalerei. Franzöfifche Ateliers und
die königliche Glasmalerei in München brachten es vor ein paar Jahrzehnten hierin
zur Vollendung. Doch 1. ’t diefe Plerrlichkeit vor dem Auge des Kunftrichters
nicht Stand. Man hatte zwar fehr kunftvolle Glasmalereien erlangt, doch den
zauberifchen, ja weihevollen Schimmer der alten Kirchenfenfter dafür ein-
gebüfst.
Es zeigte fich fchliefslich, dafs dieier fchöne Effedt zumeift dem unreinen
Glafe zuzufchreiben ift, das die Alten verwendeten und verwenden mufsten, weil
fie kein anderes zu erzeugen im Stande waren und — wie ich Dr. A. Jele’s
Angaben entnehme —- dürfte es zuerft der Engländer Covell gewefen fein, wel
cher ein dem alten ähnliches Glas, wiewohl in fehr befchränkter Weife, wieder
erzeugte.