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L. Lobmeyr.
Zu Glaswaaren für chemifche Zwecke würde fich unfer Kalkglas meifl
noch beffer als das ausländifche Bleiglas eignen, da es widerflandsfähiger gegen
manche Säuren etc. ift; leider fällt es bei uns oft fchwer, derlei Sorten in
gewünfchter tadellofer und forgfältiger Ausführung zu erhalten, namentlich ift es
in Oefterreich mit dem Einbohren der Stöpfel noch immer weniger gut als
anderwärts beftellt.
Das weichere Bleiglas eignet fich dagegen mehr für Parfümerie- oder
derlei Fläfchchen in fantaftifchen'Formen oder mit eingeprefsten Schriften u. dgl.
Immerhin leiftet man auch fchon bei uns darin Befonderes, wie an den zahllofen
Müllern von St. Kuhinka in Neu-Antonsthal und noch beffer an den bizarren
Formen zu fehen war, welche Ignaz Hackl in Wien in einem kleinen Schranke
ausgeftellt hatte.
e) Halbgefchliffenes Glas, Gafthausgefchirr etc.
Zu diefen Artikeln dient dasfelbe Material wie zum glatten Schleifglafe.
Da diefe Waaren für den einfachen Haushalt, für Gaftwirthfchaften und derlei
Locale gebraucht werden, fo find fie Maffenartikel von eminenter Bedeutung
ebenfo für den localen Bedarf wie für den auswärtigen Handel.
Belgien allein erzeugt hievon jährlich für circa 8 Millionen Francs und
meifl nur für den Export; Frankreich beziffert feine Erzeugniffe an „demi cri-
ftal“ auf jährlich 19 Millionen Francs.
Dafs bei folchen Nutzgefchirren befferer. wenn auch nicht feinfter Quali
tät, auf praktifche, gefällige Formen, die richtige Stärke, nämlich die zweck -
mäfsige Vertheilung der Glasmaffe und auf flets egale Waare vom Käufer fehl*
viel Werth gelegt wird, fleht aufser Frage. Nicht minder ift es aufserFrage, dafs
man im Auslande, wo man meifl in Metallmodel arbeitet, die mehr koften und
defshalb auch mit mehr Sorgfalt gearbeitet werden, für die entfprechenden Mufler
ein befferes Verfländnifs verräth, als durchfchnittlich bei uns; dafs man dort mehr
auf Zeichnnngen wie auf Anfchaffung von Modellen verwendet, endlich in emi
nenter Weife dafür forgt, dafs ein eingeführtes Mufler immer egal geliefert werde,
heuer, wie es im vorigen Jahre war und wie es zuverfichtlich im nächflen Jahre
fein wird.
Dafs diefes für den grofsen Markt von ungemeinem Vortheile ift, läfst fich
leicht begreifen, es zu erreichen ift allerdings den ausländifchen Fabrikanten
meifl leichter, als den unfrigen, da die Theilung der Arbeit, die bei ihrer Glas
maffe einzuführen möglich, mit unterem Glasfatze nicht zu erzielen ift. Es ift im
Auslande allgemein gang und gebe, dafs ein Arbeiter jahraus — jahrein immer
nur gleichartige Gegenftände fertigt, während der öfterreichifche Glasbläfer alles,
vom Kleinflen bis zum Gröfsten, nach einander auszuführen hat, und felbfl wenn
letzterer auch im Allgemeinen tüchtiger als der ausländifche fein mag, im Ein
zelnen nie die andauernde Uebung erreicht, um es diefem, der darauf befonders
gefchult ift, gleichzuthun.
Trotzdem liefse fich bei uns noch weit mehr Gleichmäfsigkeif in der
Arbeit erzielen, als man zumeift findet.
In Gaflhaus-, namentlich Henkelgefchirr, müffen wir wieder nebfl Meyr’s
Neffe in Adolf, J. Schreiberund Neffen in Wien als die hervorragendften bezeich
nen, diefen zunächft flehen S. Reich & Comp, in Wien und Johann Sorger in
Ferdinandsthal.
Nicht minder müffen wir mancher deutfchen Produdle, namentlich der
elfäfsifchen Fabriken erwähnen, dann der ungarifchen, welche von den für ihr
Land beftimmten, meifl etwas eigenthümlichen Artikeln ebenfalls fchöne Proben
zur Schau Heilten.