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Volltext: Die Glasindustrie (Gruppe IX, Section 3), offizieller Ausstellungs-Bericht

Die Glas-Kurzwaaren'. 
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ein Patent auf „eigenthümliche Verfahrungsarten und Apparate zum Härten des 
flachen und fagonnirten Glafes“. 
Einige Zeit darauf, am 5. Jänner 1875 wurde in Wien von einem Civil- 
Ingenieur, Karl Pieper in Dresden, auf eine gleiche Erfindung, „Vulcanglas 
genannt, ein Patentgefuch überreicht, und auch in Wien mit Verfuchen, Glas zu 
härten, und zwar gleich mit Erfolg begonnen. 
Es ift aufser Zweifel, dafs es fich hiebei nicht um eine eigenthümliche Glas- 
maffe, überhaupt nicht um eine chemifche, fonderh eine phyfikalifche Frage han 
delt, und dafs fich jede Glasmaffe härten läfst, wenn ein fonft hierzu geeignetes 
Stück beiläufig bis zum Weifsglühen erhitzt, dann rafch fn ebenfalls ftark, aber 
um 300 bis 400 Grad weniger gehitztes Fett getaucht und darin langfam abge 
kühlt wird. 
Hiedurch fcheint eine folche Verfchiebung der Theilchen zu entliehen, 
dafs das Glas wefentlich andere Eigenfchaften zeigt. 
So waren folche Stücke, die früher leicht mit dem Diamant zu fchneiden 
waren, nur mehr mit Kraft zu ritzen, aber unmöglich zu zerfchneiden; fie waren 
nur mit folcher Gewalt zu zerfchlagen, dafs man eine 30 , 50-, ja 8ofache Wider- 
ftandsfähigkeit gegen gewöhnliches Glas ausrechnete; fie waren gegen rafche 
Erhitzung und wieder rafche Abkühlung ungemein geringer empfindlich, das 
heifst dem Springen weniger ausgefetzt als urfprünglich ; fie klangen wie Eifen- 
blech u. f. w. 
Wurden derlei gehärtete Stücke wieder erhitzt und langfam nach der 
gewöhnlichen Methode abgekühlt, fo hatten fie auch die Eigenfchaften des gewöhn 
lichen Glafes zurückerhalten. 
Wird folches Hartglas jedoch zum Brechen gebracht, — und Tafeln, 
welche felbft nur mit mäfsiger Kraft auf den Boden geworfen wurden, brachen, 
wenn fie auf ein Sandkorn fielen — fo bricht es nicht wie das gewöhnliche, es 
zerftäubt in unendlich viele Theile von meift nur einem Quadratmillimeter 
Gröfse. 
Bisher ift es noch nicht gelungen, Flafchen oder andere Gegenftände von 
ungleicher Dicke, Henkelgläfer etc. zu härten; diefes letztere würde möglicher 
Weife die Anwendung an und für fich auf nur flache, die etwas fchwierige und 
immerhin gar nicht ungefährliche Manipulation fie auf nur kleine Gegenftände 
befchränken. 
Eine weitere Schwierigkeit läge darin, die Scheiben, wenn fie mit dem 
Diamant, fomit überhaupt nicht gefchnitten werden könnten, praktifch zu verwen 
den, da man fie nicht immer in allen unzähligen Mafsen vorräthig halten, und 
auch nicht gewöhnliche Tafeln vorher einfehneiden, dann erft zum Härten fen- 
den könnte; dazu fcheinen gröfsere Scheiben für diefs Verfahren gar nicht 
geeignet zu fein, mindeftens dadurch trübe und uneben zu werden. 
Ein nicht geringeres Bedenken erregt jedoch die Eigenfchaft, dafs folches 
Glas, wenn es bricht, wie jene bekannten rafch gekühlten Glastropfen völlig zer- 
ällt, ja zerplatzt, dafs die Stückchen weit auseinander gefchleudert werden, alfo 
die in der Nähe Befindlichen leicht befchädigen können. 
Ift es nicht möglich, diefe Nachtheile zu befeitigen, fo dürfte das Hart 
glas bald viel kühler beurtheilt werden, als diefs noch heute allgemein der Fall 
ift. Diefe neue franzöfifche Erfindung mufs fich fomit wohl erft bewähren. Unbe- 
ftritten hervorragend bleiben jedoch manche andere franzöfifche Leiftungen auf 
unferem Gebiete, von welchen ich noch einige erwähne. 
Nirgends dürfte die Glaschemie wiffenfchaftlich fo eifrig betrieben werden, 
als in Frankreich und zwar auch von Staatswegen, und in manchen fchwierigen
	        
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