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L. Lobmeyr.
Fragen fuchte man längft damit die Induftrie zu fördern, was freilich auch die
dortigen Fabrikanten wohl zu benützen verftanden.
Eine höchft intereffante chemifche Errungenfchaft bilden unter Anderem
die franzöfifchen künlllichen Edelfteine, namentlich jene von Charles Feil in
Paris, welcher fie nach genauen Analyfen der echten Steine, alfo meift mit Thon-
bafen, bei fehr ftarkem Feuer fchmilzt, hiedurch ungleich härtere, farbenpräch
tigere als die gewöhnlichen und den echten Steinen wieder bedeutend näher
kommende Produdte erzielt.
Auch die Imitation der Perlen ift dort zu einer Kunft entwickelt, die felbft
die volle Achtfamkeit des Kenners erheifcht, um nicht einer Täufchung zum Opfer
zu fallen.
Die feither mächtigfte Einwirkung auf die Glasfabrikation ging jedoch
von Deutfchland aus, was ich mit nicht geringer Befriedigung niederfchreibe.
Es ift die gründliche Umwandlung des Ofenbaues nach wiffenfchaftlichen Prin-
cipien, worauf ich fogleich näher zu fprechen komme.
Bis ins vorige Jahrhundert hinein kannte man nur jene einfachen Roft-
öfen, wie fie auch bei uns noch häufig Vorkommen. Als man dann begann mit
Kohlen zu heizen und genöthigt war, die Glashafen nach der Feuerfeite zu
decken, entwickelte fich ein gröfserer nnd befferer Ofenbau; doch war der Fort-
fchritt nicht von fehr wefentlicher Bedeutung.
Erft durch die auf wirklich wiffenfchaftlicher Bafis beruhende Einrichtung
der „Gasheizung“ von F. und H. Siemens in Dresden, durch ihre „Gasöfen mit
Regenerativeinrichtungen“, „Hafenöfen mit continuirlichem Betriebe“, vollends
ihre „Wannenöfen“ läfst fich im Ofenbaue ein fo gewaltiger und epochemachen
der Fortfehritt erkennen, wie er auf diefem Gebiete noch nicht da war.
Die Hauptergebniffe diefes Syftems find eine 40- bis 5opercentige Erfpar-
nifs an Brennmateriale, welches dazu auch von der fchlechteften Befchaffenheit
fein kann, während man früher nur das befte brauchen konnte, Erfparung an
Flufsmittein, ununterbrochenes Arbeiten und Erzielung einer in folchem Umfange
früher unmöglichen Maffenfabrikation.
Solche Oefen erfordern zwar ein ungleich gröfseres Capital zur Anlage
und überhaupt ein umfaffender eingerichtetes Gefchäft; fie ermöglichen aber auch
eine um fo viel billigere Erzeugung der Waaren, dafs die Fabriken alten Syftems
auf die Dauer nicht mehr zu concurriren im Stande find, fie bedingen fomit auch
auf diefem Gebiete den unvermeidlichen Uebergang zur Grofsinduftrie.
Pür den Werth diefer Neuerung fpricht am überzeugendften, dafs in weni
gen Jahren bereits in allen die Glasinduftrie betreibenden Ländern diefe Glas
Öfen eingeführt wurden und diefe Wandlung immer weiter um fich greift.
Was die öfterreichifche Glasinduftrie betrifft, fo ift fie augenblicklich
durch die Ungunft aller Verhältniffe in fchwieriger Lage.
Um fo mehr ift es die Aufgabe aller Berufenen, auf den ihnen zugewiefenen
Gebieten Umfchau zu halten, ob wir darin die volle Bedeutung einnehmen,
welche dem böhmifchen Glafe früher den Weltruf erwarb, was zu thun ift, um
allenfalls diefe Stellung dauernd zu behaupten oder nöthigenfalls fie wieder zu
erringen.
Mit Abficht habe ich im Verlaufe meines Berichtes auf den Kampf der
belgifchen mit den franzöfifchen Tafelglas-Fabrikanten hingewiefen, um darauf
aufmerkfam zu machen, was durch thatkräftiges Handeln gewonnen, was durch
kleine Verfäumniffe verloren werden kann, und möchte ich nur allen unferen
Induftriellen das thatkräftigfte Handeln angelegentlichft und nachdrücklichft
empfehlen.