Mineralifche Kohle.
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Enorm vermehrt hat fich in den letzten Jahren felbftverftändlich auch die
Arbeiterzahl, und es dürften zur Zeit gegen 10.000 Bergarbeiter im ganzen Becken
befchäftigt fein. Da die Arbeit in den Tagebauen und Gruben hier keine befon-
dere Fertigkeit verlangt, mithin auch nicht gefchulte Bergleute vielfach Verwen
dung finden, find die Arbeitskräfte ziemlich unzuverläffig und ftark fhnftuirend.
Nur die gröfseren Werke haben fich durch Gründung von Arbeiterwohnungen
einen guten Arbeiterftock herangezogen, zu deffen Vermehrung auch die Steiger-
fchule in Karbitz das Ihre beiträgt.
Die Löhne find im Allgemeinen fehr hoch. Während zu Ende der Fünfziger-
Jahre der Häuer einen täglichen Lohn von i fl. erhielt, betrug diefer
im Jahre 1872 2 fl. bis 2 fl. 50 kr., ja einzelne fleifsige Arbeiter brachten es.zu
einem Verdienfte von 4 fl. im Tage. Die Förderleute erhalten einen um 40 bis
50 Percent, die über Tag arbeitenden 70 bis 100 Percent geringeren Lohn, als die
Häuer.
Bei derartigen Löhnen geftatten nur die im Uebrigen unbedeutenden Gewm-
nungskoften der Kohle die Aufteilung von Verkaufspreifen, welche die böhmifche
Braunkohle zur Concurrenz mit der Steinkohle auf weite Entfernungen hinaus
befähigen. Zu Anfang des Jahres 1874 variirten die Preife bei der Grube zwifchen
6 und 16 kr. per Zoll-Centner je nach der Korngröfse. Für Stückkohle per Waggon
(a 10 metrifche Tonnen) wurden circa 32 fl. an der Grube bezahlt, für Mittelkohle
elfter Sorte 28 fl., Mittelkohle zweiter Sorte 18 fl., Kleinkohle 12 fl. Es verdient
jedoch bemerkt zu werden,dafsdiePreifeder Kohle im erzgebirgifchen Braunkohlen
becken im Allgemeinen noch höchft beträchtlichen Schwankungen unterworfen
find was wohl darin feinen Grund hat, dafs bei derNeuheit und dem rafchen Wachs-
thume des Kohlenexport-Gefchäftes das Verhältnifs von Angebot und Nachfrage
noch nicht diejenige fefte Bafis erlangt hat, deren fich andere Kohlenreviere
erfreuen. So betrug z. B. der Preis für einen Waggon Stückkohle im Winter
1871 über 50 fl., während er fich im Sommer 1873 nur auf 22% fl. ftellte.
Weitaus der überwiegende Theil der im nordweftböhmifchen Reviere
gewonnenen Braunkohlenmaffen wird ausgeführt. Im Becken felbft verbleibt
nur etwa ein Sechftel der ganzen Förderung. Nicht anders als in Oberfchlefien,
an der Ruhr und Saar hat fich indeffen auch hier eine reiche induftrielle Thätig-
keit entfaltet und umfo leichter entfalten können, als der gefegnete Landftrich
zwifchen dem Erzgebirge und der Eger alle Bedingungen zur Profperitat land-
wirthfchaftlicher, induftrieller und mercantiler Unternehmungen in fich vereinigt.
Namentlich die Induftriezweige, welche grofser Quantitäten mineralifchen Brenn-
ftoffes bedürfen, erhalten von Tag zu Tag dafelbft neue Pflegeftätten, wie die
Eifeninduflrie, die Glas- und Thonwaaren-Fabrication, die Soda-Erzeugung, die
Zuckerfabrication etc. Während es aber bis in die jüngfte Zeit meiftens aus-
ländifches, und zwar zuerft englifches, dann insbefondere deutfches Capital war,
welches, wie in den montaniftifchen, fo auch in den vorgenannten Unterneh
mungen arbeitete, hat fich feit dem Jahre 1871 auch das mlandifche Grofs-
capital mit Macht in diefe Gegend geworfen.
Ueber die Bedeutung der Circulation der böhmifchen Braunkohle möge
nun die folgende, die Kohlenverfrachtung der das Becken durchfchneidenden
Bahnen nach Verkehrsrichtungen darftellende Tabelle Auffchlufs geben.