J. Pechar, Dr. A Peez.
10
Ein grofser Vorzug liegt darin, dafs „der Norden“ im Verhältnifle noch
die beiden Arbeiterzuftände hat. Die Arbeit ift durch das Syftem von täglich zwei
Schichten, das fonlt in England nur lehr feiten vorkommt, in eine feile Ordnung
gebracht, und etwa auftauchende Streitigkeiten zwifchen Arbeitgebern und Arbeit
nehmern werden durch Schiedsgerichte ausgeglichen. Um diefe beiden Einrich
tungen wird der Norden von den anderen Revieren beneidet.
Das grofse Kohlenrevier von Durham und Northumberland fördert allein
fall dreimal fo viel Kohlen wie alle öllerreichifchen Kohlenfelder zufammen-
genommen. An der Kohlenförderung Englands participirt es mit 25 Percent, und
feine Lage, hart an der See, fetzt es in den Stand, zugleich der ltärkfle Exporteur
englifcher Kohle zu fein. Aus den Häfen Newcaflle, Sunderland, Hartlepool und
anderen wurden im Jahre 1872 nicht weniger als 12,237.510 Tonnen nach dem
Inlande und Auslande verfchifft. Zum Einladen der Kohle in die Schiffe find an
der Kiifle von Newcallle ausgedehnte Anlagen und mechanifche Vorrichtungen
gefchaffen. Am Tyne arbeiten 275 Hebevorrichtungen und Krahne, die meifl
hydraulifche Kraft anwenden. Der gröfste Schraubendampfer in in vier Stunden
gefüllt. Oft liegen an den Quais 3 00 Schiffe, die auf einmal beladen und von einer
und derfelben Fluth ins Meer geführt werden. London allein brennt in einem
Monate die Ladung von 800 Schiffen. Nicht weniger als 75.000 Seeleute find in
der Küflenfchifffahrt der nördlichen Kohlenplätze thätig.
Die Güte und Billigkeit der Kohle hat die Gegend von Newcaflle bis
Sunderland zu einem Hauptfitze der englifchen Induftrie gemacht. Chemikalien,
Glas, eiferne Schiffe, Locomotiven werden hier in gewaltiger Menge erzeugt.
Ungefähr 20 Fabriken von gröfster Ausdehnung bringen von hier die Hauptmaffe
der englifchen Soda in den Handel. Die Mündungen des Tyne, Wear und Blythe
befitzen zugleich die (nächfl dem Clyde in Schottland) gröfsten Werften für den
Schiffsbau. Zu Ende des Jahres 1871 waren im Norden 143 Schraubendampfer mit
einem Gehalte von 181.933 Tonnen im Baue. Von den in England im Jahre 1871
neu gebauten 421 eifernen Dampfern und 23 eifernen Segelfchiffen im Gehalte
vonzufammen 394.373 Tonnen find etwa 4 / ä von den nordenglifchen und fchottifchen
Werften gekommen.
In den Graffchaften Durham und Northumberland gab es im Jahre 1871
71 Hochöfen (wovon 50 im Betriebe), ferner 19 Walzwerke mit 991 Puddelöfen
und 63 Walzenilrafsen. Doch ifl diefs nur ein kleiner Theil der Eifenwerke, die
aus den Kohlenfeldern von Newcaflle und Sunderland gefpeifl werden, denn-die
trefflichen Coke der Gegend bilden den hauptfächlichen Brennfloff auch für die
Hochöfen der Graffchaften Cumberland und Yorkfhire, die an Bedeutung den
Eifenwerken von Durham und Northumberland weit überlegen find. Zumal in
Yorkfhire, wo der EifendUlridl Cleveland mit Middlesborough als Ausfuhrhafen,
noch völlig auf den Coken von Durham beruht, gab es im Jahre 1871 160 Hoch
öfen, wovon 132 in Betrieb, die 1,437-557 metrifche Tonnen Roheifen produ-
cirten; ferner Händen in Yorkfhire 35 Walzwerke mit 1189 Puddelöfen und
185 Walzenilrafsen im Gange. Ungefähr 20 bis 30 neue Plochöfen waren im Jahre 1873
im Baue begriffen.
Die Kohlenförderung im Becken von Durham und Northumberland betrug
im Jahre 1854 15 4 Millionen Tonnen, im Jahre 1864 dagegen 23 3 Millionen
Tonnen und im Jahre 1870 277 Millionen Tonnen, folglich von 1854 bis 1870
Zunahme: 79 Percent.
2. Cumberland. Von den eben fkizzirten Kohlenfeldern an der Oftkülte
quer durch das Land bis zur weltlichen Külte vorfchreitend, begegnen wir
einem kleineren Kohlengebiete mit Whitehaven als Verfchiffungspunkte. Das Revier
von Cumberland ilt 48 Kilometer lang und 9% Kilometer breit, fteht jedoch hin-
fichtlich der Zahl und Mächtigkeit der Flöze wefentlich hinter dem früheren
zurück. Eine Merkwürdigkeit desfelben find die Werke von Lord Lonsdale, die