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J. Pechar, Dr. A. Peez.
Abgefehen von Wien wird jedoch den meiden Confumtionsplätzen des In
landes der Bezug der erzgebirgifchen Braunkohle durch die hohe Fracht lehr er-
fchwert. Ob in den Verhältniffen des inländifchen Bezuges eine wefentliche
Aenderung eintritt, wenn der Verkehr auf der Pilfen-Priefener und der Prag-
Duxer Bahn fich mehr beleben wird, mufs abgewartet werden.
Jetzt liegen die Dinge fo, dafs zahlreiche Schienenwege aus dem erzgebirgi
fchen Braunkohlenbecken ausftrahlen, fämmtliche böhmifche Bahnen Anfchlufs
an eine der dortigen Kohlenbahnen fuchen und dennoch das Inland nui einen
verhältnifsmäfsig kleinen Nutzen hat von den enormen Kohlenfchätzen, die dort
am Erzgebirge zu Tage gehoben werden.
Mit nicht geringen ploffnungen blicken die Kohlenproducenten namentlich
in den örtlichen Theilen des Beckens, feit Kurzem auch nach Bayern, überhaupt
nach Süddeutfchland. Bei dem Mangel an Kohle, an welchem Letzteres leidet,
erfcheint allerdings die Annahme nicht ungerechtfertigt, dafs fich dort ein reicher
Markt für die böhmifche Braunkohle eröffnen werde. Freilich ift auch hier die
Concurrenz eine ftarke und die Zwickauer, Pilfener, Saar- und Ruhrkohle fchon
im Befitze der wichtigften Abfatzrayons. Vorausfichtlich dürfte jedoch die gefähr-
lichfte Concurrentin, die Zwickauer Kohle, hier ebenfo , wie es in Sachfen und
Thüringen der Fall war, der böhmifchen Braunkohle einen Theil des Feldes räumen.
Die direkte Eifenbahnverbindung zwifchen Komotau und ,Eger wurde im
Jahre 1872 hergeftellt (die Linie Karlsbad-Eger war 1870 eröffnet worden) und
fchon in dem gleichen Jahre gingen nach Stationen
der bayerifchen Staatsbahnen 33-7°° metrifche Tonnen,
„ „ Ortbahn 26.600 „ „
Braunkohlen, wovon die bayerifche Hauptftadt 2.900 metrifche Tonnen empfing.
Das Abfatzgebiet in Süddeutfchland wird markirt durch die Städte: Darm-
ftadt, Stuttgart, Lindau, München.
Nach dem Ausbaue der Strecke Pilfen Eifenftein der Pilfen-Priefener Bahn
dürfte der Export nach Bayern ohne Zweifel die erwartete Lebhaftigkeit
gewinnen.
Aus Dem, was vorftehend über die Circulation der böhmifchen Braunkohle
gefagt ift, wird klar geworden fein, dafs diefelbe von den Kohlenarten des conti-
nentalen Europas das weiterte Abfatzgebiet bereits befitzt. Im Jahre 1872 ging fie
auf nicht weniger als 38 Bahnen und nach 706 Empfangsftationen über. Nunmehr
wird es darauf ankommen, das in feinen Grenzen feftgefteilte Marktgebiet zu
einem intenfiveren zu machen, wozu alle Bedingungen im vollen Mafse geboten
fein möchten. Die Produktivität des Braunkohlenbeckens fteigt in ganz über-
rafchender Weife, das Eifenbahnnetz im Becken gewinnt zufehends an Schienen
länge, wie denn z. B. in Dux demnach!! fchon fechs Bahnlinien convergiren werden,
dieVifenbahnen fuchen durch Befchaffung der nöthigen Transportmittel fich in
die Lage zu verfetzen, allen Anforderungen der Kohlenwerke Genüge leiften zu
können, und immer mehr bricht fich in den in- und ausländifchen Confumenten-
kreifen ’ die Erkenntnifs Bahn, dafs die billige böhmifche Braunkohle in vielen
Beziehungen eine gute Steinkohle vollkommen erfetzt.
Zum Schluffe fei es geftattet, die bedeutendften der im Betriebe flehenden
Kohlenwerke des erzgebirgifchen Braunkohlenbeckens, welche auch gröfstentheils
ausgeftellt hatten, hier anzuführen.
Es find diefs die Werke:
des Grafen Noftitz bei Schönfeld, des Grafen Weftphalen und der
Gewerkfchaft „Saxonia“ bei Karbitz, der Deffauer Creditanftalt für Induftrie und
Handel bei Mariafchein und Korten, der Elbe-Colliery und der Gewerkfchaft
„Britannia“ bei Mariafchein, der Dux-Bodenbacher Eifenbahn bei Dux, des Duxer
Kohlenvereins bei Dux und Oberleitensdorf, endlich diejenigen der auf der
Weltausftellung durch ihre mannigfachen Erzeugniffe fo grofsartig vertretenen,
bekannten Firma Joh. Dav. Stark in Falkenau und Chodau.