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J. Pechar, Dr. A. Pe
auch für die Ueberlegenheit der englifchen Induftrie, deren producirte Werthe
ja zum grofsen Theile aus umgefetzter Kohle beftehen.
Wer einen Blick geworfen hat auf die zur Wiener Weltausftellung gebrach
ten Karten der Circulation der Kohle in Preufsen, Belgien und Frankreich, der
erftaunte über die von England ausgehenden mächtigen Kohlenftröme, welche die
Nordfee und den Canal breit durchfluthen, die Oftfee völlig als ihre Domäne
betrachten, andererfeits die franzöfifchen und fpanifchen Küften beftreichen, in
grofser Menge durch die Meerenge von Gibraltar in das Mittelmeer dringend,
örtlich das fchwarze Meer verforgen und im Siidoften durch den Canal von Suez
nach Indien und China gelangen. Kohlendepots bilden hier überall die Signal-
ftangen der englifchen Seeherrfchaft. Schon im Canal hat fich von diefem
europäifch-indifchen Strom ein zweiter Arm getrennt, welcher einerfeits auf
Segelfchiffen das. Cap tournirt, andererfeits nach Weftindien, Südamerika und
den ftillen Ocean reicht und felbft an der Kiifte der Vereinigten Staaten dem
einheimifchen Brennftoff Concurrenz bietet.
Der englifche Kohlenhandel erhält überdiefs eine ganz befondere Wich
tigkeit durch feinen engen Zufammenhang mit den Intereffen der englifchen See-
Schifffahrt. Kohle ift an fich fchon ein Frachtobjekt: von grofser Bedeutung. Schon
im Jahre 1864 berechnete man bei einer Kohlenausfuhr von circa 9 Millionen
Tonnen den Nutzen der Producenten des Rohftoffes auf 4 Millionen, der Rheder
aber auf 6 Millionen Pfund Sterling, denn der Werth der Kohle fteigt rapid mit
der geographifchen Entfernung von den englifchen Produktionsplätzen. Diefelbe
Kohle, die in normalen Zeiten in Newcaftle per englifche Tonne 9 s. galt,
koftete bis Frankreich geftellt bereits 27 s., alfo das Dreifache, in Genua und
Livorno bereits 36 s., alfo das Vierfache, und war in entfernten Welttheilen
nicht unter 3 Pfund Sterling bis 3 Pfund Sterling 10 s., alfo für den fechs- bis
tiebenfachen Preis zu haben. Wie man fleht ift Kohle, an überfeeifche Plätze
geftellt, eine ganz andere Waare geworden, als wofür man fie an den Produktions
plätzen in der Regel anfieht, und ein fo werthvoller Artikel verträgt offenbar eine
hohe Fracht. Hiezu kommt aber noch, dafs Kohle als Ballaft eine hervorragende Rolle
fpielt. Die Fracht für englifche Fabricate ftellt fich regelmäfsig um eilten nicht
unbedeutenden Betrag wohlfeiler nach folchen Häfen, welche viel englifche
Kohlen verbrauchen. Kohlenballaft erfetzt alfo gewiffermafsen die Ausfuhrprämie
für den englifchen Induftriellen. Seit dem Fallenlaffen der Kornzölle und Einführung
des freien Verkehres für die meiden landwirthfchaftlichen Erzeugniffe importirt
England grofse Maden von Rohprodukten, die es durchweg mit Fabricaten
bezahlt. Da erftere meift in fchweren, letztere aber meid; in leichteren Objekten
beftehen, fo hat die Einfuhr nach England viel gröfsere und gewichtigere Stoft-
maffen zu bewältigen, als die Ausfuhr aus England. Die in folcher Weife
beftehende Differenz wird nun in günftigfter Weife durch die Steinkohle ergänzt,
die als Ballaft zur Vervollftändigung zu den Ausfuhrverladungen hinzugefügt wird.
Erft durch Hinzutritt des Ballaftes, deffen inneren eigenen Werth wir bereits im
früheren hervorgehoben haben, wird gewiffermafsen die Gewichtsbilanz im eng
lifchen Seehandel hergeftellt und es erlangt dadurch die englifche Schifffahrt eine
namhafte Ueberlegenheit über ihre Concurrenten, welchen vielleicht die
Rohprodukte, nicht aber die Fabricate und die Kohle fo leicht zur Hand find,
als dem englifchen Schiffer.
Diefe Ueberlegenheit wird noch vermehrt durch den Umftand, dafs bis in
die jüngfte Zeit hinein die Entwicklung der See Schifffahrt vorzugsweife in der
Richtung der Dampferflotte und mit Zuriickdrängung der Seglerflotte erfolgte.
Es befafs nämlich England :
Segelfchiffe Dampfer
Zahl Tonnen Zahl Tonnen
im Jahre 1868: 36-864 6,259.624 3.477 977-292
„ „ 1872: 32.461 5.573-19° 4-343 1,640.639
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