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J. Pechar, Dr. A. Peez.
rang und Verbefferung diefer Einrichtung — z. B. im weftphälifchen Kohlen
reviere gearbeitet. Genaueres über die von Seite der Staatsverwaltung zu
Gunften der in den Staatswerken befchäftigten Arbeiter getroffenen Anftalten
wird weiter unten bei Gelegenheit der Befprechung des Saarbeckens zur Dar-
ftellung gelangen. Der preufsifchen Verwaltung gebührt ferner das Verdienft,
dafs fie die Verwendung von Frauen und Kindern in den Bergwerken bereits zu
einer Zeit regelte und vor Allem einfchränkte, wo noch in diefer Hinficht in
allen anderen Ländern, England und Frankreich nicht ausgenommen, die fchwer-
ften Mifsbräuche beftanden.
Die gefetzlichen Grundlagen des Bergbaues find in Preufsen durch das
Gefetz vom 24. Juni 1865 in fachgemäfser Weife geor a£t. Die Befteuerung derBerg-
weike mit 2 Percent der Brutto Einnahme ift einfr -i: und nicht unbillig. Die Berg
verwaltung wird von den fünf Oberbergämtern JArtmund, Bonn, Clausthal, Halle
und Breslau geführt. Ein entfprechendes Syft -in? von Unterrichtsanftalten — von
den Steigeifchulen bis zur Bergakademie — Ibrgt für die erforderliche fachliche
und wiffenfchaftliche Bildung. Und in ähnlicher Weife, wie in Preufsen, find auch
in Sachfen, Braunfchweig und den kleinen Ländern, wo Bergbau befteht, deffen
Verhältniffe geordnet.
Wie allenthalben, empfing auch in Deutfchland der Kohlenbergbau feine
wefentlichfte Förderung mit der Entwicklung des Eifenbahn-Syftems, welches im
Jahre 1S70 eine Länge von 21.750 Kilometern hatte, wovon ein Drittel mitDoppel-
geleifen (was für die leichte Verfendung der Kohlentransporte von grofser Wich
tigkeit ift). Hinfichtlich des Transportes auf den Bahnen ift zu bemerken, dafs
in richtiger Würdigung der Verhältniffe und Dank der einfichtsvollen Agitation
von J.Weidtman, L. Garcke, Dr. FI. S c h e f f 1 e r, F. Perrot, E. Reitzen-
ftein, Hofmann, O. Michaelis, Dr.C. Braun, Dr.F. Hammacher, Schie
ier und Anderen die Tarife billig find, und in der Reichsverfaffung fogar der
Pfennigfatz (0 416 kr. per Centner und Meile) für die Verfrachtung der Kohle als
Norm aufgeftellt ift. '
Hiezu kommt noch in den letzten Jahren der bedeutende Auffchwung der
Induftrie und befonders der Eifen- und Stahlproduclion, der Zuckerfabrication
und der chemifchen Induftrie. Deutfchland nimmt gegenwärtig den dritten Rang
untei den eifenerzeugenden Ländern ein. Die Eifenproducftion Grofsbritanniens
ubertrifft die Deutfchlands zwar um das Vierfache, aber den Vereinigten Staaten
jommt Deutfchland fehr nahe und übertrifft Frankreich feit der Erwerbung von ■
Eliafs-Lothringen. Deutfchland befafs bereits im Jahre 1871 383 Hochöfen,
wovon 251 mit Coke, 50 mit Holzkohle und 9 mit gemilchtem Brande arbeite
ten. Die Gefammtproduaion an Gufseifen und Roheifen ift etwa auf 1-5 Million
ionnen anzufchlagen. In der Bleiprodudiion folgt Deutfchland hart nach den
meiftproducirenden Ländern Spanien und England, und fteht in der Zinkpro-
duction mit Belgien an der Spitze. Grofse Confumenten von Kohle find ferner
die Zuckerfabriken, welche im Jahre 1871 bis 1872, in der Zahl von 311, gegen
4 Millionen Centner Zucker erzeugten; endlich die 120 bis 130 chemifchen
Fabriken, die Stafsfurter und Leopoldshaller Kali-Induftrie und Andere. Alle
diefe Verhältniffe zufammengenommen machen es wahrfcheinlich, dafs dem deut-
fchen Kohlenbergbau eine glänzende Zukunft bevorfteht.
Die einzelnen Kohlenbecken Deutfchlands.
Der Werth und die Bedeutung der einzelnen Kohlenreviere ergibt fich am
deutlichften aus der Höhe der Förderung und der gröfseren oder geringeren
Schnelligkeit der Entwicklung diefer Förderziffern.
In Folgendem geben wir daher zunächfteineVergleichungderFörder-
ziftern der preufsifchen Kohlenbecken in den Jahren 1860 und 1872, nebft