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J. Pechar, Dr. A. Peez.
In demfelben Jahre 1872 bezifferte fich die Brutto-Einnahme aus dem
Kohlen und Coketransporte bei der
Köln-Mindener Bahn auf 3.285.503 Thaler = 4,928.254 fl.
Rheinifchen „ „ 2,164.521 „ = 3,146.782 „
Bergifch-Märkifchen Bahn „ 3,848.139 „ = 5,772.208 „
Die eben angedeutete unverhältnifsmäfsige Steigerung der Betriebskoften
hat in jüngfter Zeit nun aber allerdings eine von den Bahnen des Ruhrgebietes
inaugurirte Agitation unter den deutfchen Bahnverwaltungen hervorgerufen, als
deren Folge aller Vorausficht nach eine Erhöhung auch der Kohlentarife, das
heifst die Annahme einer höheren Grundtaxe Platz greifen wird.
Alle drei Bahnen des Ruhrbeckens haben in der letzten Zeit eine anfehnliche
Vergröfserung ihres Netzes erfahren oder find damit befchäftigt, fich weiter auszu
dehnen. Zu der Bergifch-Märkifchen Bahn ift die fogenannte Ruhrthalbahn, fowie
die käuflich erworbene Heffifche Nordbahn hinzugetreten; die Rheinifche Bahn
breitet fich im Becken felbft weiter und weiter aus, und die Köln-Mindener Bahn
arbeitet an derHerftellung zweier überaus wichtigen Linien: der Emfcherthal-Bahn
von Ruhrort nach Dortmund, dazu beftimmt, die nördlichen Partien des Beckens zu
erfchliefsen, und der fchon oben genannten (Paris-) Venlo-Bremen-Hamburger
Bahn, die das Ruhr-Kohlengebiet mit den grofsen deutfchen Nordfee-Häfen in
die directefte Verbindung fetzen und namentlich Bremen und Hamburg um
8 Meilen = 60 687 Kilometer näher rücken wird. Bis Bremen ift die Bahn
bereits dem Verkehre übergeben.
Nachdem die deutfche Eifenbahn-Baugefellfchaft im Jahre 1872 die Con-
ceflion zum Baue einer Eifenbahn von Hameln über Hamm und Bocholt nach der
preufsifch-holländifchen Grenze zum Anfchlufse an die von Züpthen kommende
Bahn, mit Abzweigungen nach Effen und Dortmund, erworben hat, wird das
Kohlenrevier eine neue Verbindung mit Holland und zugleich ein viertes felbft-
ftändiges Bahnnetz erhalten.
Oben bereits wurde angegeben, dafs von der Gefammtprodmflion Weft-
phalens im Jahre 1871 32 6 Percent im Grubenbezirke felbft confumirt worden find.
Was die Verfendung der Kohle betrifft, fo wird das eigentliche Abfatzgetfiet der
Ruhrkohle in Deutfchland gegen Norden, Offen und Süden ungefähr durch die
Städte Bremen, Hamburg, Berlin, Leipzig, Frankfurt a. M., Ludwigshafen markirt.
Innerhalb diefer Grenzen wird es eine Hauptaufgabe der Ruhrkohle fein, der eng-
lifchen Kohle in Hamburg und Umgegend fo wirkfame Concurrenz zu machen, wie
ihr diefs z. B. in Bremen gelungen ift. Der norddeutfche Lloyd brennt auf feinen
Dampfern ausfchliefslich weftphälifche Kohle. Nach Vollendung der Venlo-Ham-
burger Bahn wird vorausfichtlich auch das wichtige Hamburg, welches circa
20 Millionen Centner Kohle aus England bezieht und deffen zahlreiche Dampfer
mit englifchem Brennftoffe gefpeift werden, allmälig für die deutfche Kohle
gewonnen werden.
In Bremen wurden im Jahre 1871 eingeführt:
Weftphälifche Steinkohle 92.324 metrifche Tonnen,
Englifche „ 5°-359 »
In Hamburg dagegen:
Weftphälifche Steinkohle 6.195 metrifche Tonnen,
Englifche „ 1,137-952 „ „
Weitaus den grofsten ausländifchen Abfatz findet die Ruhrkohle in
Holland. Holland, felbft arm an Brennftoffen mit Ausnahme von Torf, ift
von kohlenproducirenden Ländern umgeben: von Deutfchland, Belgien, Eng
land. Die vortrefflichen Verbindungen, welche zwifchen dem Deltalande des
Rheines und Deutfchland beftehen, Verbindungen durch Wafferwege fowohl,
als durch eine Anzahl von Eifenbahnen, weifen Holland rückfichtlich der
Deckung feines Kohlenbedarfes ganz entfchieden auf Deutfchland hin.