Mineralifche Kohle.
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So ift denn auch die Einfuhr aus Belgien, verglichen mit derjenigen
aus Weftphalen, immer eine nur geringe gewefen.
1871 wurden in Holland importirt:
Belgifche Kohle 353.622 metrifche Tonnen,
Weftphälifche „ 1,058.490 „ „
Anders verhielt es fich aber mit dem Import aus England.
Lange machte die englifche Steinkohle der Kohle von der Ruhr den
holländifchen Markt ftreitig, ja noch in den Jahren 1870 und 1871, als zuerft
der Krieg und alsdann die Transportmittel-Noth, fowie der vermehrte Kohlen
bedarf Deutfchlands den Export der Ruhrkohle einfchränkten, konnte man in
der That den Concurrenzkampf als zu Gunften Englands entfchieden anfehen.
Seitdem hat fich die Lage aber ganz verändert, und mit der enormen und
lange anhaltenden Preisfteigerung der englifchen Steinkohle, welche erft vor
Kurzem einer rückläufigen Bewegung Platz gemacht, haben fich die holländi
fchen Confumenten mehr und mehr dem weftphälifchen Brennmateriale zuge
wandt, fo dafs letzteres gegenwärtig in den Niederlanden entfchieden dominirt.
Auf dem Rheine allein gingen in Holland ein
im Jahre 1872 868.273 metrifche Tonnen,
„ „ 1871 707.618 „
was einer Zunahme von 22 Percent im Jahre 1872 entfpricht.
Belgien importirte im Jahre 1873 nach den Niederlanden nur 124.000
metrifche Tonnen Kohlen und Coke oder um 185.000 metrifche Tonnen weniger
als im Vorjahre.
An den Producenten im Ruhrgebiete, fowie den Transportanflalten
wird es liegen, ob das neugewonnene wichtige Abfatzgebiet behauptet werden
kann oder nicht.
Neueften Datums ift die Einführung weftphälifcher Kohle in Belgien
und Frankreich.
In Belgien hat fich zwar fchon einmal und zwar in den Jahren
1866 und 1867, als die inländifche Producftion dem Bedarfe der Hüttenwerke
nicht Genüge leiften konnte, vorübergehend eine Nachfrage nach Ruhrkohle
geltend gemacht, allein mehr als 97-638 metrifche Tonnen (in 1867) hatte
die Kohleneinfuhr aus Preufsen überhaupt nie betragen. Im Jahre 1871 war
von einer Kohlenausfuhr nach Belgien im Ruhrbecken gar keine Rede mehr.
Heute aber liegen die Verhältniffe fo, dafs es den Anfchein hat, als ob die
Ruhrkohle in Belgien wirklich das Bürgerrecht erwerben wollte. Zunächft ift diefs
freilich durch die hohen Preife der belgifchen Kohle und Arbeitermangel an den
belgifchen Gruben veranlafst. Allein man hat in Belgien die Vorzüge der Kohle
und der Coke von der Ruhr kennen gelernt und richtet fich immer mehr auf
deren Gebrauch ein. Selbft Lüttich, der Mittelpunkt des gleichnamigen Kohlen
reviers, und das der englifchen Steinkohle fo leicht zugängliche Antwerpen
brannten im Jahre 1873 Ruhrkohle.
Was Frankreich anbelangt, fo ift die Einfuhr dahin dem erneuten Auf-
fchwunge der franzöfifchen Induftrie nach dem Kriege, der nicht genügenden
Leiftungsfähigkeit der einheimifchen und belgifchen Kohlenwerke und dem
verminderten Import an Saarkohle zu verdanken, welche letztere feit 1870
und 1871 ihre Hauptkundfchaft in Süddeutfchland und der Schweiz fucht und
findet. Die Parifer Gasanftalten erhalten dermalen täglich 50 bis 80 Waggons
(a 200 Centner = 10 metrifche Tonnen) Ruhrkohlen und nach belgifchen
Zeitungsnachrichten paffiren täglich circa 200 Waggons diefer Kohle gleichfalls
mit der Beftimmung nach Frankreich die Plätze Lüttich und Charleroi.
Das früher viel ventilirte Projekt des Exportes der weftphälifchen Kohle
nach überfeeifchen Ländern (als Ballaft) mufste in den letzten Jahren wieder