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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart

12 Gruppe XXV. Die bildenden Künste der Gegenwart. 
Die französische Kunst darf den Anspruch erheben, zuerst 
nach ihrem Gehalte befragt zu werden. Sie hat auf den früheren Aus 
stellungen die leitende Stellung eingenommen und auch diesesmal 
dürften derselben viele Besucher der Wiener Weltairsstellung den ersten 
Platz einräumen. Allerdings wurde aber auch über einzelne Mittel, 
welche zur Anwendung kamen, um der französischen Kunst eine glän 
zende Vertretung zu sichern, und nicht ohne Grund Klage geführt. Es 
wurde die Ausstellung nicht dem Programme gemäss nur auf solche 
Werke beschränkt, welche im letzten Jahrzehnte erst geschaffen wurden, 
es fanden auch Werke der früheren Zeit und lange verstorbener Mei 
ster in derselben Aufnahme. Je schwerer die Namen eines Delacroix, 
Theodor Kousseau, Troyon wiegen, desto grösser ist der Vortheil, 
welcher der französischen Abtheilung aus der Nichtachtung des Program 
mes erwuchs, desto nothwendiger erscheint die Ausscheidung aller dieser 
Werke, wenn ein vergleichendes Urtheil gefällt wird. Die französische 
Abtheilung verdankt ihren Glanz aber noch einem anderen Umstande; 
die Auswahl der ausgestellten Werke ist sorgfältiger und glücklicher 
getroffen worden, als insbesondere in Deutschland. In Frankreich bilden 
die aus den Sammlungen des Staates geliehenen Kunstwerke den Kern, 
um welchen sich die verkäuflichen Werke und die im Privatbesitze 
befindlichen gruppiren. Und dieser Kern ist durchaus tüchtiger Natur, 
da die französische Regierung alljährlich eine Reihe der bedeutendsten 
im „Pariser Salon“ ausgestellten Werke ankauft und dafür Sorge 
trägt, dass in der Luxemburggalerie alle berühmten Künstler Frank 
reichs Vertretung finden. In der deutschen Ausstellung scheint der 
Zufall bei der Auswahl mehr als billig gewaltet zu haben und macht 
sich der Mangel eines Mittelpunktes, welcher die Kunstthätigkeit 
beherrscht und für die würdige Vertretung der Kunst die ausschliess 
liche Verantwortung trägt, daher auch für dieselbe kräftig sorgt, in 
empfindlicher Weise geltend. Während von den 200 französischen 
Sculpturwerken 64, von den 664 französischen Gemälden 167 Staats 
eigenthum sind, entfallen in der deutschen Abtheilung von 194 Sculp- 
turen nur 3, von 753 Gemälden nur 39 auf öffentliche Sammlungen. 
Ohne die Beiträge der königlichen Nationalgallerie in Berlin wäre die 
deutsche Ahtheilung ganz und gar auf die zufällig auf dem Kunst 
markte vorhandenen Bilder und auf die freiwilligen Spenden der Pri 
vatbesitzer eingeschränkt gewesen. Der Ankauf durch eine Regierung, 
die Aufbewahrung in eine Staätssammlung giebt nun zwar keine un 
bedingte Garantie für die Schönheit und künstlerische Vollendung 
eines Werkes: aber die Zuversicht darf man doch hegen, dass Schlechtes 
und Unbedeutendes ausgeschlossen wird und bis zu einem gewissen 
Grade die äussere Auszeichnung dem inneren Werthe des Kunstwerkes 
entspricht. Es wurde aber in der französischen Abtheilung noch wei 
tere Sorge getragen, der Ausstellung den Stempel des Zufälligen und 
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