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Gruppe III. Chemische Industrie.
Das hei der Verbrennung resultirende Gasgemenge wird zunächst
abgekühlt und darauf in einem Cokethurm mit Wasser behandelt,
welches die schweflige Säure daraus aufnimmt. Die unten abfliessende
Lösung wird so oft mit neuen Mengen des Gasgemenges in Berührung
gebracht, bis sie mit schwefliger Säure nahezu gesättigt ist. Die re
sultirende wässerige schweflige Säure wird entweder direct zu Schwefel
säure oxydirt, indem man sie mehrere Male einem aufsteigenden Luft
strome entgegen in einem Cokethurm abwärts passiren lässt oder
indem man das gelöste schwefligsaure Gas durch Erhitzen austreibt
und auf die gewöhnliche Weise in die Schwefelsäurekammern einführt.
Später empfahl Gossage 1 ), den durch die Einwirkung von
Kohlensäure auf die Rückstände entwickelten Schwefelwasserstoff durch
Eisenoxyd zu zersetzen und den von letzterem zurückgehaltenen
Schwefel durch Rösten in für die Bleikammern direct verwendbare
schweflige Säure überzuführen.
W. S. Losh 2 ) nahm im Jahre 1852 ein Patent zur Darstellung
von unterschwefligsaurem Natrium (Antichlor) aus den Sodarückständen.
Er oxydirt dieselben zunächst, indem er sie in Haufen längere Zeit der
Einwirkung der Luft preisgiebt, laugt alsdann aus, fällt aus der
Lauge den Kalk mittelst Natriumcarbonats als Calciumcarbonat und
erhält durch Eindampfen der von dem Kalkniederschlage decantirten
Flüssigkeit eine Lösung, aus welcher beim Erkalten beträchtliche
Mengen von unterschwefligsaurem Natrium auskrystallisiren. Nach
Losh’s Verfahren, welches übrigens schon in der ersten deutschen
Auflage von Muspratt’s Technologie ausführlich beschrieben worden
ist, hat man seit langer Zeit auf den Walker Alkaliworks bei New
castle bedeutende Quantitäten des genannten Salzes dargestellt.
M. D o 1 a m a r e 3 ) schlug vor, die Sodarückstände mit Schwefel
und Wasser zu kochen und die dabei resultirende, Calciumpolysulfide
enthaltende Flüssigkeit zur Bereitung von Schwefelwasser für medi-
cinische Zwecke, zum Schwefeln des Weinstockes oder in den Nickel
hütten zum Ausfällen von Kobalt und Nickel zu verwenden.
P. A. Favre 4 ) suspendirt die Rückstände in Wasser und ent
wickelt daraus durch Hinzufügen von Salzsäure Schwefelwasserstoff.
Letzterer wird entweder durch eine wässerige Lösung von schwefliger
Säure zu Schwefel reducirt oder direct verbrannt, um in der Form von
schwefliger Säure in die Schwefelsäurekammern eingeführt zu werden.
E. K o p p 5 ) verwendet die Sodarückstände wie Losh zur Dar
stellung von unterschwefligsaurem Natrium. Er vermischt sie zu
') W. Gossage, Chem. News Sept. 1861, Nro. 95. 2 ) Losh, Wagn.
Jahresher. 1868, 176. 3 ) Scheu r er- Kestner, Bull. Soc. industr. Mul
house 1868, 120; Dingl. pol. J. CXXXVII, 207. 4 ) P. A. Favre, Wagn.
Jahresber. 1856, 70; Rep. of Patent. Invent. 1856, 161. s ) E. Kop B p,
Wagn. Jahresber. 1858, 92; Dingl. pol. J. OXL, 383.