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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart

Gruppe XXV. Die bildenden Künste der Gegenwart. 37 
geringen Fortschritt in der technischen Ausbildung können wir schon 
jetzt nicht verkennen. Er zeigt sich vielleicht am auffälligsten in den 
Werken der Münchener Schule, in welcher überhaupt die grösste Gäh- 
rung zu herrschen scheint, der Gegensatz zu der früher hier üblichen 
Kunstweise sich am schroffsten geltend macht, auch die Hinneigung 
zur französischen Kunst bis zur Manie am meisten bemerkt wird. 
Bekanntlich hat die von Piloty geleitete Werkstätte das grösste 
Verdienst um das überraschend rege Künstlerleben, das auf dem Mün 
chener Boden wieder erstanden ist. Es scheint, dass Piloty ausschliess 
lich die technische Unterweisxmg der zahlreichen Schüler leitet, ihre 
Individualität im Uebrigen durchaus frei sich entfalten lasst. Sonst 
würden die grossen Contraste, welche die Werke derselben zeigen, 
schwer erklärt werden können. Darin liegt ein grosser Vorzug des 
Piloty’sehen Unterrichtes, da nur das Handwerk der Kunst mitgetheilt 
und erlernt werden kann. Nur um so deutlicher wird aber dadurch 
die Zerfahrenheit, die in dem Gedankenkreise der Münchener Künstler 
herrscht. Der plötzliche Bruch mit der Tradition, die rasche Wendung 
von einer monumentalen, durch den Schutz des Fürsten getragenen 
Kunst zu einer fast ausschliesslich‘auf die Gunst des Marktes angewie 
senen, lassen das tumultuarische Treiben des jungen Geschlechts in 
München nicht wunderbar erscheinen. Es gilt, die Aufmerksamkeit 
zu fesseln und durch das Neue oder Ausserordentliche in der Wahl 
des Gegenstandes oder der Ausdrucksmittel den Beschauer zu packen. 
Am weitesten geht darin der vielbelobte Gabriel Max, dessen Bilder 
eine kränkliche Sentimentalität athmen, in Zeichnung und Farbe eine 
„interessante“ Schwächlichkeit und Blässe zeigen. Von da zur leidig 
sten Manier ist nur ein kleiner Schritt; ihn zeigt die Pieta Böcklin’s, 
eines reich angelegten Schweizer Malers, der aber seine Studien in 
München gemacht hat, und den Farbensinn aus lauter Streben nach 
pikanten Effecten verwildern lässt. Diese Sucht nach Absonder 
lichem wird sich vielleicht verlieren, wenn ein grosses nationales 
Culturleben, einheitlich in seinen Wurzeln, fest geschlossen in seinem 
Wesen, in einem Mittelpunkt grossartig entfaltet, den Hintergrund der 
künstlerischen Thätigkeit bildet. Aus dem gleichen Grunde liegen 
auch für die Historienmalerei, soweit von ihr als einer abgesonderten 
Gattung der Kunst gesprochen werden kann, die helleren Tage vor uns 
und nicht hinter uns. Wag uns aus München als Probe derselben 
auf der Ausstellung geboten wurde, übte den Eindruck, als ob der Maler 
die Kopftypen, die Bewegungen, die Gruppirungen, die Haltung der 
Helden, das Leben, welches das Auftreten grosser Volksmassen begleitet, 
weniger der Natur abgelauscht, sondern die Vermittelung einer anderen 
Kunst, der dramatischen, angerufen hätte. Was aber dasColorit anbe 
langt, auf dessen Wirkung ein so grosses Gewicht gelegt wird, so muss 
nachdrücklich darauf hiugewiesen werden, dass nicht die einzelnen
	        
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