40 Gruppe XXV. Die bildenden Künste der Gegenwart.
zu einer wahren Hauskunst, die wir so wenig entbehren können als
die Hausmusik, entwickelt zu haben. Knaus in Düsseldorf bewährte
sich auch auf der Wiener Ausstellung als der hervorragendste Meister,
dem Niemand gleichkommt, welcher frischen Humor (im Freibeuter), feine
Charakteristik (Bauernberathung im Schwarzwald) und tragischen Ernst
(Leichenbegängniss) mit gleicher Vollendung zu verkörpern versteht.
Von den Düsseldorfer Künstlern waren ausserdem Vautier, der in der
Schweizer Abtheilnng ausstellte, C. Hoff, Geertz, C. Hübner, Sa-
lentin gut vertreten. Riefstahl in Carlsruhe bewährte seinen alten
Ruf als ein Künstler voll ernster, ruhig würdiger Empfindung. Aus
München begrüsste uns eine grosse Schaar lustiger Gesellen, die einen
guten Blick für die Sonnenseiten des Volkslebens besitzen und dem
Beschauer gern ein gemüthliches Lächeln entlocken. Deffregger’s
Tirolerbilder athmen eine so überwältigende Lebenskraft, eine so un
mittelbare Wahrheit, dass man den dumpfen Ton des Colorits kaum
bemerkt. Ihm steht am nächsten Mathias Schmidt. Auch Epp,
Grützuer, R. S. Zimmermann u. A. fanden zahlreiche Freunde.
Die Berliner Künstlergenossenschaft gewinnt von Jahr zu Jahr immer
mehr an Umfang und Bedeutung. Ein einigendes Band kann man
nicht wahrnehmen, eine Localtradition nur ausnahmsweise bemerken.
Den einzelnen Individuen ist der freieste Spielraum vergönnt, für die
Ausbildung von Specialitäten der Boden mehr als anderwärts vorbereitet.
Die vei schiedenartigsten Richtungen finden hier eine gleichmässigo
Vertretung, alle Zweige der Malerei eifrige Pflege. Man braucht nur
an A. Menzel und Bleibtreu, die am festesten mit dem preussi-
schen Boden und Leben verwachsen sind, an Henneberg und Span
genberg, an Gentz und Hertel, an August v. Heyden und
G. Richter, an die beiden Meyerheim, an Otto Heyden und
Schräder, an Graeb und Breudel zu erinnern, um den weitum
fassenden Reichthum der Berliner Kunst zu erkennen. Französische
Einflüsse, Cultus des Orients, die Begeisterung für nationale Gross-
thaten, die deutsche Märchenwelt, die Hinneigung zum Phantastischen
kreuzen sich mannigfach und geben ein buntes Bild, in welches wohl
erst dann ein bestimmender Hauptton fallen wird, bis entschieden ist,
in wieweit die Kunst zu den vom Staate geschützten und gepflegten
Gütern gerechnet werden kann.
Die Proben der Rührigkeit des jüngeren Künstlergeschlechts reichten
nicht hin, die Lücken in der Vertretung der älteren Meister zu ver
decken. Ihre Theilnahme würde der deutschen Abtheilung einen ganz
anderen Charakter verliehen und die Eigentümlichkeit unserer Kunst
in ein helleres Licht gesetzt haben. Von Ben de man war „die Weg
führung der Juden in die babylonische Gefangenschaft“ ausgestellt,
Lessing, Andreas und Oswald Achenbach waren jeder durch
ein paar Bilder in durchaus ungeeigneter Weise repräsentirt. • Eine