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Volltext: Die bildenden Künste der Gegenwart

42 Gruppe XXY. Die bildenden Künste der Gegenwart. 
Praters ausgestellt, so würden wir auch im Fache der Sculptur einen 
selbstständig denkenden, energischen jungen Künstler begrüsst haben. 
Bei der Verwendung der plastischen Werke zur Decoration der ver 
schiedenen Räume kann es uns freilich nicht Wunder nehmen, wenn 
einzelne Künstler ihre Theilnahme vorenthielten. Die plastische Ab 
theilung zählt eine Reihe tüchtiger Arbeiten; doch bleibt es begreif 
lich, dass die Wiener Airsstellung gerade hier am wenigsten ein wahr 
heitsgetreues Bild von dem Stande der deutschen Kunst lieferte. Die 
hervorragendsten Leistungen derselben gehören dem Gebiete der monu 
mentalen Plastik an. Selbst in dem Falle, dass diese Werke hätten 
nach Wien verladen werden können, so würden sie hier nicht die rechte 
Wirkung geübt haben. Sie brauchen Raum, sie sind für eine bestimmte 
Umgebung gedacht, sie dulden keine Häufung, kein drängendes Neben 
einander der verschiedenartigsten Werke, lauter Bedingungen, die in 
Wien nicht erfüllt werden konnten. Selbstverständlich wird die Be 
deutung solcher Künstler wie Drak e, Donndorf, Zumbusch u. s. w. 
nicht verringert, wenn ihre Werke unter ungünstigen Verhältnissen 
dem Beschauer vor das Auge treten. Sie sind viel zu gut gekannt und 
anerkannt, als dass es für dieselben neuer Proben bedürfte. Erfreulich 
war der Anblick der Werke, welche von unserer Bildhauercoionie in 
Rom gesendet wurden. Sie bekunden eine grosse Rührigkeit, einen 
ausgebildeten Sinn für das Anmuthige und Holde, ohne sich in das leer 
Elegante zu verlieren und mit technischer Virtuosität zu prunken. 
Das Beste lieferten Kopp (jetzt in Stuttgart), E. Müller, H. Ger 
hardt, welchen sich der viel zu wenig bekannte, durch und durch 
kräftig männliche H. Schubert würdig anreiht. 
Entbehrte schon die Vertretung der deutschen Plastik der Voll 
ständigkeit, so war vollends das Bild, welches die Ausstellung von der 
deutschen Architektur bot, ein überaus dürftiges. Achtzehn Künstler 
allein haben Zeichnungen und Risse ausgestellt. Dadurch ist die Mög 
lichkeit, Resultate zu ziehen, Vergleiche anzustellen, von selbst aus 
geschlossen. Erst wenn man die österreichische Kunstabtheilung 
zur deutschen hinzurechnet, was ja unbeschadet der politischen Selbst 
ständigkeit der beiden Reiche geschehen kann, gewinnt das Bild unse 
rer Architekturentwickelung volle Farbe. Es giebt gegenwärtig keine 
Stadt in Europa, in welcher der Architektur so zahlreiche grosse Auf 
gaben gestellt würden, aber auch keine , welche zur Bewältigung der 
selben so viele Meister besässe, wie Wien. Das Parlamentshaus, die 
Akademie der bildenden Künste, das Museum, das Rathhaus, der Ausbau 
der Hofburg harren alle des Angriffs, sie alle lernen wir in Rissen und Mo 
dellen kennen. Wirsehen den genialen Semper, dem der Renaissance 
stil seine Wiederbelebung vorzugsweise verdankt , den von der Grösse 
der Antike erfüllten Hansen, den strengen Gothiker Schmidt, den 
feinsinnigen, stilgewandten Ferstel in voller Thätigkeit, durch diese
	        
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